: Der Kindergartenzoff
Nur 1.000 demonstrieren gegen erhöhte Kita-Gebühren. Dafür streitet die PDS umso heftiger. Parteitag fordert Senkung der Krippen-Gebühren. Darauf haben sich PDS und SPD eh schon geeinigt
von JAN ROSENKRANZ
Die längste Windel der Welt misst 2.183 Meter. Zumindest das steht nach dem vergangenen Wochenende fest. Etwa 1.000 Eltern und Kindern war es am Samstag gelungen, den weltweit längsten Windelprotestbrief mehrere Male um das Rote Rathaus zu schlingen. Sie protestierten damit gegen die geplante Erhöhung der Kita-Gebühren. Ursprünglich hatte man jedoch über 10.000 Teilnehmer erwartet. Trotz des eher zahnlosen Protests vom Samstag scheint in der Debatte das letzte Wort noch nicht gesprochen.
So hatte die Parteispitze auf dem gestrigen Landesparteitag der Berliner PDS Mühe, den harten Sparkurs des Senats zu verteidigen. Die hohe Verschuldgung der Stadt mache diese derben Einschnitte notwendig, sagte der Landes- und Fraktionsvorsitzender Stefan Liebich. „Wer kürzt, der nimmt, das ist nun mal so und das tut weh“, so Liebich.
Mit diesen Schmerzen wollten sich offenbar nicht alle Delegierte abfinden. Vor allem gegen die Erhöhung der Kita-Gebühren probte die Basis am Sonntag den Aufstand. Zur Abstimmung stand unter anderem der Antrag des Abgeordneten Michail Nelken, in dem er eine Rücknahme der Erhöhungen fordert. „Die Aussage, wir belasten untere Einkommensschichten nicht, ist schlicht falsch“, so Nelken. Gerade Familien mit mehr als einem Kind erlitten „eklatante Beitragssteigerungen“. Er forderte, die Gebührentabelle müsse neu berechnet werden. Erst ab 50.000 Euro Einkommen dürfe es „moderate Anhebungen“ geben.
Dennoch konnte sich Nelken nicht durchsetzen. Ein vom Landesvorstand und anderen Delegierten eingebrachter Ersatzantrag, der die gestaffelte Erhöhung „grundsätzlich“ unterstützt, bekam eine deutliche Mehrheit. Nach stundenlanger Diskussion forderten die Delegierten die PDS-Fraktion damit zumindest dazu auf, sich in der Frage der angehobenen Beiträge für Krippenplätze „um Nachverhandlungen zu bemühen“. Parteichef Liebich hatte bereits am Vortag angekündigt, dass sich die Spitzen der Koalitionsfraktionen von PDS und SPD darauf geinigt hätten, den Zuschlag auf die Beiträge für Krippenplätze von 20 Prozent kippen zu wollen. Auch aus der SPD hat es zuletzt Kritik an der Erhöhung der Kita-Gebühren gegeben.
Einige Delegierte nutzten das Podium, um ihrem massiven Unmut über die rot-rote Rotstiftpolitik Platz zu verschaffen. Ihnen drängte sich der Eindruck auf, die PDS sei um jeden Preis am Machterhalt interessiert.
Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner rechtfertigte die Einschnitte im sozialen Bereich damit, „Schlimmeres verhindert zu haben“. Das sei auch ein Wert. „Das Paket der sozialen Grausamkeiten in meinem Ressort wog schwer. Ich hätte auch am liebsten die Annahme verweigert.“ In einer Koalition gehe das aber nicht, so Knake-Werner. Entgegen ihrer dringenden Bitte stimmten die Delegierten dafür, die angekündigte Absenkung des Blindengeldes zu verhindern. Offenbar hatte die Rede des Vizechefs des Blinden- und Sehbehinderten-Vereins gewirkt.