: Man fühlt sich trotzdem wohl
Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Das Restaurant Themroc in Mitte ist Berlin pur – und viel besser, als man daher fürchten könnte
In Berlin soll ist ja vieles lässig und spontan. Angeblich. Auch auf den Trash-Chic der hauptsächlich in Mitte und Prenzlauer Berg wohnenden und dort frühzeitig gealterten Endzwanziger bildet sich mancher was ein. Berlin sei unkonventionell.
Oft ist Berlin aber grade wegen dieser Selbstwahrnehmung unerträglich und spießig. Auch das Themroc an der Torstraße nährt sich offensichtlich von einer Klientel, die gerne fisselige T-Shirts trägt, dicke Brille und Bart. Mehr noch: Sogar die Menschen, die im Themroc am weithin sichtbaren Herd stehen, kleiden sich so. Dann fehlt auch noch eine regelmäßige Karte, mal wird eher persisch gekocht, mal französisch oder belgisch.
Das Themroc ist also Berlin pur. Und das könnte ganz schön schiefgehen. Tut es aber nicht. Die Scheiben in dem kleinen Lokal sind dauernd beschlagen. Die Musik ist etwas zu laut, und man kann auch nicht immer sicher sein, alles zu bekommen, was man bestellt hat. Trotzdem fühlt man sich im Themroc wohl. Weil das Personal wirklich freundlich ist und auch gerne erklärt, wie es funktioniert. Es gibt immer eine Vorspeise, ein Hauptgericht und ein Dessert, manchmal von jedem Gang sogar zwei Varianten, das hängt davon ab, wer gerade zuständig ist. An einigen Tagen kann man die Speisen in beliebiger Reihenfolge essen, an anderen wird strikt getrennt und alle kriegen zur gleichen Zeit den gleichen Gang.
Das macht den Aufenthalt besonders, leider aber auch lang. Zumindest dafür, dass das Themroc noch immer ein wenig nach der Schnellimbissbude aussieht, die es wohl mal war. Der Herd und die Arbeitsflächen stehen im kargen vorderen Raum. Hinten, wo es etwas gemütlicher ist, befinden sich die Getränketheke mit antiker Waage und noch ein paar kleine Tische. Was dann am Ende auf dem Tisch kommt, kann, wie oben gesagt, ganz unterschiedlich sein. Eins ist aber sicher: Alles wird frisch gemacht und schmeckt auch so. Beispielsweise die Vorspeise aus Auberginenmus und Pesto. Das Cordon Bleu, auf das wir lange gewartet haben, ist schön knusprig und wird mit Broccoli-Gratin serviert. Das allerdings hätte etwas kürzer in den Ofen gekonnt.
Schade, dass es am Ende des Abends nicht für jeden Gast mehr Crème brulée gab. Nett aber, und bezeichnend für die Stimmung im Themroc: Die Gäste am Nebentisch teilten sich zu dritt eine Portion und boten uns trotzdem einen kleinen, süßen Happen an. Ein Lokal, das solche Gäste hat, muss man loben. Auch wenn man gerne eine halbe Stunde früher im Bett gewesen wäre.
RESTAURANT THEMROC, Torstraße 183, 10115 Berlin, 01 62/425 11 21, U Rosenthaler Platz, Reservierung empfohlen, Di–So ab 17 Uhr, Essen ab 20 Uhr, Vorspeisen ab 3,50 €, Hauptgerichte meist unter 10 €, Nachspeisen ab 3 €