: Geht es Pro Reli nur um den Glauben?
betr.: „Kulturkampf ist da“, taz vom 24. 2. 09
Pro Reli liegt es am Herzen, schon den Kindern christliche Glaubensinhalte zu vermitteln, nicht genug, dass sie schon bei ihrer Taufe gar nicht gefragt wurden, ob sie diesem Verein „Kirche“ überhaupt angehören wollen. Später ist es dann gar nicht so einfach und erfordert oft großen Mut, sich gegen Konventionen und ein konservatives Umfeld zu behaupten und den Austritt zu vollziehen.
Aber, wenn schon Religionsunterricht, dann doch bitte auch das volle Programm, und das beginnt bei jeder Fachdisziplin mit der Behandlung ihrer Geschichte, denn: „An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen!“ In der Faktizität ihrer Geschichte zeigt sich die wahre Identität einer Idee oder Organisation, und wir betreiben ja Geschichte, damit wir dieselben Fehler nicht wieder begehen und aus den alten lernen. Da sieht es nun aber mit 2.000 Jahren Geschichte der Institution Kirche gar nicht gut aus, ein Gruselkabinett ist nichts dagegen.
Es ist ein gutes halbes Jahrhundert her, dass beide Kirchen – von wenigen Ausnahmen ihrer Mitglieder und des Klerus abgesehen – ihre essenziellen Glaubensinhalte verrieten, als sie sich aus opportunistischen und machtpolitischen Gründen mit einer menschenverachtenden Ideologie verbündeten.
Waren das in 2.000 Jahren alles nur bedauerliche Betriebsunfälle und Missverständnisse? Ist die Kirche heute wirklich nicht länger korrumpierbar durch die Verlockungen von Macht und gesellschaftlichem Einfluss? Der besorgte Bürger stellt mit Recht diese Fragen. Geht es Pro Reli daher ausschließlich um die Vermittlung christlicher Glaubensinhalte an junge Menschen, völlig frei vom Ehrgeiz, als Kirche gesellschaftlich und politisch wahrgenommen zu werden? HELMUT OEHLING, Berlin