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Archiv-Artikel

Zurück ins frühe 19. Jahrhundert

betr.: „Ein-Euro-Jobs können ein sinnvolles Instrument von Hartz IV sein. Kleine Löhne, große Ziele“, taz vom 24. 8. 04

Schön, dass selbst ernannte Oberlehrer wie der Forschungsdirektor des DIW uns „differenziert“ über die Ein-Euro-Jobs aufklären und uns Dummerchen klarmachen, dass wir nicht fähig sind, die Hartz-IV-Bestimmungen ohne Exegese zu begreifen. Wovor sich aber all die Schönredner und Jubelhartzer drücken ist, einmal die Auswirkungen des Gesetzes auf die darzustellen, die noch Arbeit haben. […]

Was kann man Menschen nicht alles zumuten, die befürchten, binnen Jahresfrist von Sozialhilfe leben zu müssen. Sein Arbeitsleben beeinflussen kann ohnehin fast niemand mehr. Wenn eine Bank auf einen Sitz 1.000 Angestellte rausschmeißt oder ein Autofuzzi beschließt, mal eben 1.500 Leute zu entlassen, spielt es keine Rolle, ob man gut gearbeitet hat, nie krank war oder sich sonst wie krumm gelegt hat. Deshalb trauen sich die VW-Manager – und die anderen sitzen schon in den Startlöchern –, derart unverschämte Forderungen zu stellen; sie wissen, dass sie sich damit durchsetzen werden, nachdem die Gewerkschaft ein bisschen Kosmetik betrieben hat. Und weil von Hartz IV alle betroffen sind, reicht es nicht, dieses Gesetz zu kippen. Nur eine schrittweise Verkürzung der Arbeitszeit wird allen – denen, die noch einen Arbeitsplatz haben und denen, die einen brauchen – zu einem Auskommen verhelfen, das sie von Schikanen und Almosen unabhängig macht. Damit kommen wir endlich im 21. Jahrhundert an, statt uns wieder ins frühe Neunzehnte schubsen zu lassen. KARIN SCHEUTHLE, Stuttgart