Karsai lobt den Verhandlungsvorschlag Obamas

Das Angebot des US-Präsidenten, mit „moderaten“ Taliban zu verhandeln, werten diese als Zeichen der Schwäche

BERLIN taz ■ US-Präsident Obamas Vorschlag, mit sogenannten „moderaten“ Taliban zu verhandeln, hat in Afghanistan ein geteiltes Echo ausgelöst. Präsident Hamid Karsai begrüßte den Vorschlag Obamas, den dieser in einem am Sonntag in der New York Times veröffentlichten Interview gemacht hatte. Karsai selbst hatte die Taliban schon mehrfach zu Verhandlungen aufgefordert und ihnen sogar Regierungsposten geboten.

Obamas Vorschlag sei „eine gute Nachricht, denn dies ist schon lange die Position der afghanischen Regierung“, sagte Karsai am Sonntag bei einer Veranstaltung zum Internationalen Frauentag. Zugleich warnte er, dass mit manchen Taliban eine Versöhnung nicht möglich sei.

Im September 2008 war es Medienberichten zufolge im saudischen Mekka erstmals zu Gesprächen von Vertretern Karsais und der Taliban gekommen. Die vom saudischen Königshaus vermittelten Gespräche hatten jedoch keinen offiziellen Charakter. Kurz zuvor hatte der US-Kommandeur der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe Isaf gesagt, er schließe Gespräche mit den Taliban nicht aus.

Karsais Regierung hatte 2005 eine Versöhnungskommission gegründet. Laut dieser liefen seitdem knapp 7.700 Feinde der Regierung über. Darunter sind jedoch keine Personen, die noch in letzter Zeit höhere Funktionen im Widerstand hatten.

Im Unterschied zu Karsai lehnte ein Taliban-Sprecher Obamas Verhandlungsvorschlag ab. Die Taliban in „moderate“ und „fundamentalistische“ spalten zu wollen, sei „lächerlich“ angesichts von deren „Konsolidierung“ unter der einzigen Führung von Mullah Omar, sagte Zabihullah Mudschahed der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua. Er wiederholte Mullah Omars Position, dass es bis zum Abzug der ausländischen Truppen aus Afghanistan keine Verhandlungen gebe. Ein anderer Taliban-Sprecher, Qari Yusuf Ahmadi, sagte laut dem britischen Guardian, Obama werde keine moderaten Taliban finden. Der Vorschlag zeige, dass die Amerikaner des Krieges müde und beunruhigt seien.

Obama hatte seinen Vorschlag mit den Erfolgen der US-Truppen im Irak begründet, die nicht nur auf eine stärkere Präsenz, sondern auch auf eine Abspaltung zunächst US-feindlicher Stammesmilizen vom Terrornetzwerk al-Qaida und dann deren Einbindung zurückgehe. Obama hatte kürzlich eine Aufstockung der US-Truppen in Afghanistan um 17.000 angekündigt. Im Interview beantwortete er die Frage, ob die USA den Krieg in Afghanistan gewinnen, mit Nein und räumte ein, dass die Lage dort komplexer als im Irak sei. Im Februar hatten US-Vertreter ein Abkommen der Regierung Pakistans mit dortigen Taliban im Swat-Tal kritisiert.

Auf Kritik stieß Obamas Vorschlag in afghanischen Oppositionskreisen, die ihn als Zeichen der Schwäche werteten. So sagte der Exfinanzminister und Präsidentschaftskandidat Aschraf Ghani laut Guardian: „Ich kenne keinen Friedensprozess, der erfolgreich aus einer Position der Schwäche oder des Gleichgewichts erfolgt.“ SVEN HANSEN

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