: Viel zu verlieren
HWP-Präsidentin Dorothee Bittscheidt fürchtet, dass sich die Universität an den Stellen ihrer Hochschule bereichert
Interview: KAIJA KUTTER
taz: Frau Bittscheidt, ist die HWP noch zu retten?
Dorothee Bittscheidt: Als eigenständige Uni? Nein. Die Regierung in Hamburg hat ja entschieden, dass die HWP ihre Eigenständigkeit verlieren und mit der Universität Hamburg zusammengehen soll. Die Bürgerschaftsmehrheit unterstützt dies. Zwar sind auch CDU und FDP besorgt, dass die erfolgreichen Studiengänge der HWP gleich mit aufgegeben werden. Aber wir sollen unsere Eigenständigkeit verlieren. Die HWP sagt nicht, dass die institutionelle Hülle erhalten bleiben muss. Aber wir fragen, wie man ohne Hülle all das schützen kann, was die HWP ausmacht? Das Studium für Berufstätige, das Teilzeitstudium, die wissenschaftliche Weiterbildung, die internationalen Austauschprogramme, die Serviceorientierung, die Ehemaligenvereinigung und vieles mehr.
Wie finden Sie die Senatsentscheidung?
Ich bin total traurig darüber, weil ich gehofft hatte, dass es anders kommt. In der Leitentscheidung ist überdies nicht erkennbar, weshalb sie der HWP ihre Eigenständigkeit nehmen. Es sind da für uns wirklich harte Brocken drin. Das, was von der HWP übrig bleibt, soll zum Beispiel ohne unsere Juristen auskommen, obwohl wir die für ein interdisziplinäres Studium benötigen.
Der Senat hat für die Fusion eine Moderation verordnet, die jetzt beginnt. Ergibt das Sinn?
Ich sage, der Senat hat entschieden, lasst uns das Beste daraus machen. In Einzelfragen gibt es zwar Entscheidungsspielraum. Aber es will dies ja keiner außer dem Senat und der Uni-Spitze. Weder die HWP noch die Wirtschaftswissenschaftler noch die Sozialwissenschaftler hätten diese Entscheidung getroffen. Sie wird ihnen aufgedrängt.
Mit was für einem Gefühl gehen Sie in die Gespräche?
Mit sehr gemischten. Der HWP ist versprochen worden, dass sie ihr bewährtes Studienprofil einbringt. So etwas kann der Senat nicht versprechen. Dieses Versprechen muss von den Partnern eingelöst werden, mit denen wir zusammengehen.
Wo liegt das Problem?
Bei den Finanzen. Die Wirtschaftswissenschaftler und die Sozialwissenschaftler haben noch ihr Diplomstudium. Wir haben Bachelor- und Masterstudiengänge. Die muss die Uni auch einführen. Leisten kann man sich aber nur eine Form. Wenn die Uni aber darum kämpft, daneben ihr Diplom beizubehalten, fehlen den Wirtschaftswissenschaftlern Stellen, die sie dann von der HWP haben wollen.
Warum geht nicht beides?
Weil der Bachelor viele Resourcen braucht. Die Wiwis sollen Kapazitäten abbauen, damit sie mehr Absolventen haben. Dies soll über neue Bachelor-Studiengänge mit kleinen Kursen geschehen. Ich finde das richtig. Diese Entscheidung müssen sie durchsetzen, damit sie sich nicht an uns bereichern. Ein Zusammengehen ist nur sinnvoll, wenn wir eine Struktur mit gleichen Betreuungsrelationen haben.
Sie machen Druck in puncto Bachelor-Struktur. Aber eigentlich soll es keinen Hamburger Alleingang geben. Die Fächer sollen sich bundesweit abstimmen.
Etliche Hochschulen haben diese Struktur schon. Auch die Uni kommt an dieser europäischen Entwicklung nicht vorbei.
Es gibt bei Wiwi-Professoren große Vorbehalte gegenüber der HWP. In einem Papier hieß es, bei Ihnen werde nicht ideologiefrei geforscht.
Das ist ein ganz mieser Versuch, auf uns herabzusehen. Ich bin selbst Sozialwissenschaftlerin und sage, gerade die, die behaupten, sie forschen ideologiefrei, tun es am wenigsten. Wir haben als HWP andere Forschungsschwerpunkte, die unsere Nachbarn nicht beschäftigen. Arbeitsrecht, zum Beispiel, oder die Gleichberechtigung von Frauen in der Wirtschaft.
Was passiert, wenn der Moderationsprozess scheitert?
Das muss er nicht und sollte er auch nicht. Wissenschaft lebt von der Auseinandersetzung. Dann sollte man allerdings die Häme außen vor lassen.
Können Sie schon abschätzen, wie lange der Moderationsprozess dauern wird?
Keine Ahnung. Der nächste Termin ist erst im November. Das liegt nicht an uns.
Kämen Sie als Dekanin für die neue Sektion in Frage?
Nein. Das würde auch von den anderen nicht gewählt. Das finde ich selbstverständlich. Aber ich könnte mir vorstellen, dass wir die Verwaltung stellen. Wir haben eine sehr gute, studierendenorienterte Verwaltung. Das ist ein Pfund, das auf keinen Fall verloren gehen darf.
Der Asta der HWP will zur Rettung eine Volksinitiative starten. Ist das nicht zu spät?
Es ergibt Sinn, die Hamburger darauf aufmerksam zu machen, was sie mit der HWP verlieren.