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Archiv-Artikel

Reiten als Schulfach

Ministerpräsidentin Simonis wirbt für Ganztagsschulen, denn Schleswig-Holstein hat Nachholbedarf

Neumünster / Erfde taz ■ Statt in den Turnverein gehen die Kinder im schleswig-holsteinischen Erfde nachmittags weiter zur Schule. Reitunterricht, Theaterspielen oder Flötenstunden gehören zum Angebot – die „Stapelholm-Schule“ ist auf dem Weg zur „Offenen Ganztagsschule“. Damit liegt sie im Trend: Bereits 200 Lehranstalten im Land bieten nachmittags etwas an.

„Das kann sich sehen lassen, reicht uns aber noch nicht“, sagte Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) gestern bei einer Messe zum Thema „Ganztagsschule“ in Neumünster. Sie warb für das Modell, mit dem Eltern Beruf und Familie vereinbaren könnten, und in dem Kinder intensiv gefördert würden. Daher begrüße sie es, dass immer mehr Schulen sich umstellen.

Schleswig-Holstein hat Nachholbedarf, andere Bundesländer sind weiter. Allerdings gehe es seit drei Jahren zügig voran, sagt die Sprecherin des Bildungsministeriums, Patricia Zimnik.

Thies Thomsen, einer der Initiatoren der Ganztagsschule Erfde, bestätigt, dass das Konzept gut ankommt. Auch die Grundschulen der Region stellen langsam um und bieten Betreuungsstunden, in denen Eltern ihren Nachwuchs sicher untergebracht wissen. Ab 2007 wird es Pflicht, dass alle Grundschulen täglich in den ersten Klassen vier, in den oberen fünf Stunden die Kinder betreuen.

Die Offene Ganztagsschule in der kleinen Gemeinde an der Eider ist aber nur möglich, weil Eltern und Vereine mitziehen, Hausaufgaben kontrollieren oder Musik unterrichten. „Und die Lehrer übernehmen unentgeltlich den Mordsanteil“, lobt Thomsen.

Ein Problem gibt es allerdings mit der Finanzierung: Der Bund stellt Mittel für die Infrastruktur zur Verfügung – wenn etwa eine Schule einen Speisesaal für das gemeinsame Mittagessen bauen muss. Insgesamt 135 Millionen Euro liegen dafür im Bundestopf. Geld für die laufende Arbeit aber gibt es vom Land: bis zu 30.000 Euro pro Schule. 1,5 Millionen Euro stehen in diesem Jahr dafür im Haushalt, im kommenden 1,8 Millionen. Doch Erfde bekam eine beim Land eingereichte Rechnung zurück: Der Schulträger müsse sich in gleicher Höhe beteiligen. „Das stand so nicht in den Papieren“, wundert sich Thomsen. „Das müssen wir noch klären.“ Ministeriumssprecherin Zimnik bedauert: „Das Land übernimmt nicht alles.“ Esther Geißlinger