: Glauben statt turnen
Überraschende Wende im Turnfest-Streit. Bewerbung erst für 2011, dafür kommt 2009 der Kirchentag
Bremen taz ■ Die Wege des Herrn sind unergründlich. Wochenlang lieferten sich die Fraktionen von SPD und CDU ein Scharmützel darüber, ob 2009 das deutsche Turnfest in Bremen stattfinden soll. Soll es nicht, sagte die SPD in Gestalt ihres Fraktionsvorsitzenden Jens Böhrnsen. Jedenfalls nicht solange nicht geklärt ist, auf wessen Kosten die 5,1 Millionen Euro gehen, die das Spektakel kosten sollte. Statt um große events soll sich Sportsenator Thomas Röwekamp lieber um den Zustand der Vereine und ihrer Sportanlagen kümmern. Die CDU mit Röwekamp an der Spitze konterte, dass gerade der Breitensport sehr profitiere von einer Veranstaltung wie dem Turnfest. So standen sich die beiden Kampfhähne Böhrnsen und Röwekamp unversöhnt gegenüber. Bis, ja bis Henning Scherf am vergangenen Wochenende aus dem Urlaub wiederkehrte und mit ruhiger Hand klärte: Turnen findet erst im Jahr 2011 oder 2013 statt. Dafür kommt nun 2009 doch der Kirchentag nach Bremen. Wie gesagt: Die Wege des Herrn sind unergründlich.
Verkündet wurde die Entscheidung nach der gestrigen Sondersitzung des Senats. „Ich möchte auf jeden Fall, dass wir bei den überregionalen Veranstaltungen mitspielen“, betonte Scherf dort erneut. Gemeinsam mit Senator Röwekamp erläuterte er, dass Bremen sich nun beim Deutschen Turnverband nicht mehr für das Turnfest 2009, sondern entweder das kommende im Jahr 2013 ausrichten wolle oder aber Austragungsort für die dazwischen liegende ‚Welt-Gymnastrada’ sein wolle. Die Weltgymnastrada ist im Gegensatz zum Turnfest weniger breitensportlich verfasst. Dort werden keine Wettkämpfe, sondern Schauvorführungen gymnastischer Art dargeboten. In dem Senatsbeschluss werden gleichzeitig eine Million Euro aus Investitionsmitteln zur Verfügung gestellt, um in Bremen Turnhallen und Sportplätze zu sanieren.
Was den Kirchentag 2009 anginge, so habe er, Scherf, noch vor seinem Urlaub mit der Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages (DEKT), Friederike Wohldt, telefoniert. Und die sei nun doch sehr interessiert gewesen, das Christen-Happening 2009 nicht wie zwischendurch angesagt in Süddeutschland, sondern in Bremen auszutragen.
Warum es für die SPD zwar inakzeptabel war, 5,1 Millionen Euro für ein Sportfest einzuplanen, aber nicht die anvisierten 7,5 Millionen Euro für den Kirchentag, versuchte am Nachmittag SPD-Fraktionschef Böhrnsen zu erklären. Die Kirchentagsmillionen seien beschlossene Sache in der großen Koalition. Also müsse man jetzt in dem – hemmungslos überbuchten – Investitionsprogramm bis 2010 entsprechende Prioritäten setzen. Auch die vom Senat beschlossene Million für die Sportvereine werde man, so Böhrnsen „dort sicher finden“. Was die Bewerbung für eins der beiden Sportfeste anginge, so müsse Röwekamp jetzt eine „sorgfältige Kostenrechnung“ für Haushaltsausschuss und Parlament liefern. Dass eins der beiden Turnfeste stattfindet, ist allerdings mit dem gestrigen Regierungsbeschluss bereits festgezurrt. Die Entscheidungsspielräume der Parlamentarier haben sich also nicht wesentlich vergrößert. hey