Seiner Zeit weit voraus

betr.: „Alle Macht den Räten“, taz vom 20./21. 9. 03

Ihrem Autor Stefan Kuzmany sind in seinem Text zumindest zwei Schnitzer unterlaufen: Nicht alle „Köpfe der Revolution“ wurden nach der Niederschlagung der „Räterepublik Bayern“ 1919 zum Tode verurteilt. Zumindest der für Finanzen zuständige Silvio Gesell wurde freigelassen. Er war zwar der Erfinder der „Freigeldlehre“, forderte aber alles andere als die Abschaffung des Geldes. Vielmehr wollte er eine bis heute dringend notwendige Innovation im Geldwesen durchführen: den Zins als Umlaufantrieb durch eine Gebühr für nicht umlaufendes Geld zu ersetzen.

Dies würde heute wie damals dazu führen, dass die häufig unterschätzten und ignorierten Folgen und Probleme der steigenden Zinslasten, die heute bereits mehr als 30 Prozent des Sozialproduktes schlucken (!), verringert werden könnten (www.humanwirtschaft.org). Nebenbei würde auch der für Umwelt und Gesellschaft gefährliche Wachstumszwang entschärft. Finanzpolitisch war Silvio Gesell also keine traurige Figur, sondern seiner Zeit weit voraus. THOMAS SELTMANN, Nürnberg

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