: Bankkonten werden transparenter
Ab 2005 können Finanz- und Sozialbehörden zentral abfragen, wo ein Bürger sein Geld parkt. Hartz-IV-Schwindler drohen damit leichter aufzufliegen. Noch beteuern die Behörden: Das bedeutet keine Rasterfahndung der Finanzämter
FREIBURG taz ■ Ab April 2005 können Steuer- und Sozialbehörden Betrügereien der Bürger leichter aufdecken. Finanz- und Sozialämter, aber auch die Arbeitsagentur, können dann über eine zentrale Stelle erfragen, wer in Deutschland welche Konten und Aktiendepots besitzt.
Die Behörden können ab nächstem Frühjahr eine automatisierte Abfragemöglichkeit nutzen, die vor zwei Jahren eigentlich für die Strafverfolgung geschaffen wurde. Bis dahin mussten Polizei und Staatsanwaltschaft bei allen knapp 3.000 Bankinstituten in Deutschland nachfragen, wenn sie wissen wollten, welche Konten ein Verdächtiger besitzt. Seit April 2003 können sie sich an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in Bonn wenden. Hierzu mussten die Banken ihre Daten einheitlich aufbereiten und online bereithalten – was die Kreditinstitute nach eigenen Angaben 105 Millionen Euro gekostet hat. Nach Bafin-Auskunft wurden zwischen November und Juni insgesamt 15.700 Abfragen durchgeführt. Politisch war die Möglichkeit mit dem Ziel begründet worden, Geldflüsse von Terroristen zu rekonstruieren und die Geldwäsche der organisierten Kriminalität zu unterbinden. Tatsächlich konnten die Bankinformationen aber für Strafverfolgung aller Art genutzt werden – nur nicht bei Steuerstraftaten.
Ab April können nun auch die Finanzämtern und weitere Behörden auf dieses Abrufsystem zugreifen. Für sie ist die zentrale Stelle dann das Bundesamt für Finanzen (BfF), das ebenfalls in Bonn angesiedelt ist. Die Abfrage ergibt aber nur, welche Konten eine Person bei welcher Bank mit welcher Kontonummer führt. Will die Behörde Genaueres erfahren, muss sie beim jeweiligen Geldinstitut nachfragen.
Denkbarer Fall: In der Steuererklärung sind nur die Erträge von zwei Konten angegeben. Doch das BfF meldet sieben Konten. Dann wird das Finanzamt den Steuerpflichtigen höflich um Aufklärung bitten, und wenn es keine plausible Auskunft erhält, bei den Banken nachfragen.
Ähnlich kann es Langzeitarbeitslosen gehen, die im Antrag auf das neue Arbeitslosengeld II nicht alle Konten angegeben haben. Auch hier wird die Arbeitsagentur zunächst beim Antragsteller nachfragen, kann aber im Zweifelsfall ebenfalls von der Bank Auskunft verlangen.
Für die Praxis wird entscheidend sein, wie häufig Finanz-, Arbeits- und Sozialbehörden die neue Abfragemöglichkeit nutzen. Je öfter sie nachfragen, um so häufiger wird sich ein Verdacht auf Schummeleien ergeben. Im Finanzministerium heißt es: Es wird keine Rasterfahndung der Finanzämter geben. Die Bundesagentur für Arbeit hat noch nicht entschieden, wie sie mit dem neuen Instrument umgehen will.
Wie effizient ein Datenabgleich sein kann, haben im letzten Jahr die Bafög-Ämter demonstriert. Sie haben alle Studenten überprüft, die beim Finanzamt einen Freistellungsantrag für Zinserträge abgegeben haben. Medienberichten zufolge ergab sich, dass 15 bis 20 Prozent der vermeintlich mittellosen Studenten zu Unrecht Bafög erhielten, weil sie mehr Vermögen besaßen, als vom Gesetz erlaubt war. Der behördliche Zugriff auf Freistellungsanträge ist bereits seit Mitte der 90er-Jahre möglich. Auch die Arbeitsagenturen machen von ihm routinemäßig Gebrauch. CHRISTIAN RATH