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Archiv-Artikel

Annan mahnt, Bush droht

UN-Generalsekretär Kofi Annan will eine bessere UNO, damit kein Land mehr unilateral handelt. US-Präsident George Bush will, dass die UNO sich dem unilateralen Vorgehen der USA anschließt

Von D.J.

BERLIN taz ■ UN-Generalsekretär Kofi Annan und US-Präsident George Bush haben sich gestern als Rivalen um die Führung der Welt positioniert. Die Welt sei geteilt „zwischen denen, die Ordnung suchen, und denen, die Chaos verbreiten“, erklärte Bush vor der UN-Vollversammlung und warnte: „Es gibt keinen neutralen Boden. Alle Regierungen, die Terrorismus unterstützen, sind Komplizen in einem Krieg gegen die Zivilisation.“ Zuvor hatte UN-Generalsekretär Kofi Annan eine grundsätzliche UN-Reform angekündigt, damit sämtlichen Bedrohungen der Welt innerhalb des UN-Regelwerks begegnet werden kann.

Beide Redner betonten in ihren Beiträgen zur Eröffnung der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York, die UNO müsse in der Lage sein, Bedrohungen abzuwenden, bevor sie eintreten. Während Bush sich dabei auf Terrorismus und Massenvernichtungswaffen beschränkte, sagte Annan, die Bedrohung durch Bürgerkriege, extreme Armut und Seuchenausbreitung sei genauso wichtig. „Eine Welt, in der viele Millionen von Menschen brutale Unterdrückung und extremes Elend erleiden, kann nie sicher sein.“

Bush nutzte seinen Auftritt für eine scharf formulierte Rechtfertigung des Handelns der USA. Annan übte seinerseits grundsätzliche Kritik am Alleingang der USA und sprach sich gegen präventive Gewalteinsätze ohne UN-Mandat aus. Annan sagte, die UNO müsse in die Lage versetzt werden, auch präventiv auf extreme Bedrohungen des Weltfriedens zu reagieren. Eine Kommission soll Reformvorschläge erarbeiten. „Wir dürfen uns vor der Frage nicht drücken, ob die Regeln und Instrumente zu unserer Verfügung ausreichend und effektiv sind“, sagte Annan. Bush betonte, die USA stünden hinter den Gründungsprinzipien der UNO. „Wir sind der Verteidigung kollektiver Sicherheit und der Menschenrechte verpflichtet“, so der US-Präsident.

Zum Irak war keine Annäherung der Positionen zu verspüren. Annan sagte, die UNO sei bereit, eine „kleine Rolle“ zu übernehmen. Bush vertrat die Position, die Wiederherstellung der irakischen Souveränität dürfe weder beschleunigt noch verzögert werden. Zugleich forderte er die Vereinten Nationen auf, beim politischen Wiederaufbau Iraks zu helfen. So könne die UNO bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung, der Ausbildung von Beamten und der Organisation freier Wahlen helfen. Bush mahnte die UN-Mitgliedsländer, ihre Differenzen aus dem Irakkrieg zu überwinden.

Der ungelöste Grundsatzkonflikt dürfte die Debatten der nächsten Tage bestimmen. Vor seinem für heute geplanten Treffen mit Bush schloss sich Bundeskanzler Schröder einer Forderung von Frankreichs Präsident Jacques Chirac an, dem Irak seine Souveränität „eher in Monaten“ zurückzugeben. D.J.

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