keine neuwahlen : Bruchstellen auf der Trümmerhalde
Neuwahlen in Hamburg hätten schon einen beträchtlichen Reiz gehabt. Gründe dafür, und zwar sehr gute, sind zahlreich. Ernsthaft allerdings war nicht damit zu rechnen gewesen, dass Hamburgs Rechts-Koalition sich selbst entleibt. Zu berauschend ist es bekanntlich, Macht zu haben, als dass leichthin auf sie verzichtet würde.
Kommentarvon SVEN-MICHAEL VEIT
Zumal noch mehr auf dem politischen Spiel stünde. Für FDP und Schill-Partei wären Neuwahlen gleichbedeutend gewesen mit dem Kampf ums nackte Überleben. Beide darben an der Fünfprozenthürde, beide haben mithin nicht das geringste Interesse daran, sich vorzeitig dem Votum an der Urne zu stellen.
Größere Gelassenheit kann – wie schon die GAL – jetzt auch die SPD walten lassen. In einem Monat will sie ihren Herausforderer für Titelverteidiger von Beust gefunden haben, und diese Klarheit ist auch erforderlich. Der unmittelbare Zugzwang ist zwar nicht mehr vorhanden, offen bleibt jedoch, wann der nächste Zug erfolgen muss.
Denn so vorhersehbar die gestrige Abstimmung ausfiel, so wenig ist vorhersagbar, wie lange die Koalition noch hält. Der Zwang, sich zu profilieren, wird die beiden kleinen Partner der Union auseinander treiben. Liberale wie Rechtspopulisten müssen sich auf Kosten des Noch-Partners aufplustern, um ihre Klientel bei der Stange zu halten. Die Bruchstellen im Trio infernale werden unübersehbar werden. Rot und Grün müssen derweil, wenngleich ungeduldig, auf ihre Chance warten.
Mit jedem Tag allerdings wächst die Trümmerhalde in dieser Stadt, die sie anschließend aufzuräumen haben.