piwik no script img

Archiv-Artikel

Nur die Schlagzeile im Kopf

betr.: „Wenn die Angst die Nachricht auffrisst“, taz vom 18. 9. 03

Ein kleiner Einspruch von der anderen Seite: Als Journalist und Pressesprecher gehört es zu meinen vornehmsten Aufgaben, dass runde Statements oder Interviews in die Öffentlichkeit gelangen: Ich habe nicht nur Journalisten erlebt, die die Schlagzeile im Kopf hatten, als sie mich anriefen, ob ich ihre These stützen könnte; oder den Kollegen, der ein „Interview“ nur mit wenigen Stichworten aufschrieb, um es dann arg entstellt abzuschreiben, und ich Mühe hatte, die richtigen Fachtermini unterzubringen; oder die bösen Journalisten, die aus einem langen Statement einen unbedeutenden Nebensatz von mir rauspicken, um das als Position der „Gewerkschaft“ zu deklarieren; oder die zahllosen Anfragen, aus denen nur Halbwissen/Klischees durchklingen und die mit einfacher Recherche zu wahrem Journalismus führen könnten; oder diejenigen, die sich nicht die Mühe machen, vor einer Pressekonferenz sich kurz ins Thema einzulesen und dann die Pressekonferenz zum Seminar umfunktionieren, weil sie den Unterschied zwischen Arbeitssenator und Landesarbeitsamt nicht kennen.

Wir brauchen eine neue Aufklärung: Das Sapere aude (wage zu wissen) sollte wieder Leitmotiv unserer Gilde werden. Ein Netzwerk Recherche (www.netzwerkrecherche.de) gibt es ja mittlerweile, dem journalistischen Nachwuchs empfohlen. Ansonsten lade ich herzlich zu einem Privatissimum ein. Übrigens: taz-KollegInnen finden sich in meiner Kollektion der Kuriositäten natürlich nicht wieder. DIETER PIENKNY, DGB BezirkBerlin-Brandenburg, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Berlin