Gestoßen aus heiterem Himmel

Der 19-Jährige, den einschlägige Medien zum Hamburger S-Bahn-Schubser erklärt haben, bedauert seine Tat. „Es tut mir sehr leid“, sagte der wegen versuchten Totschlags Angeklagte gestern vor dem Hamburger Landgericht. Er sei betrunken gewesen und könne sich an nichts mehr erinnern. Laut Anklage soll er am 2. Mai im S-Bahnhof Reeperbahn versucht haben, eine ihm fremde 21-Jährige vor eine anfahrende S-Bahn zu stoßen. Die Tat war von einer Überwachungskamera festgehalten worden (siehe Fotos rechts). Nach der Veröffentlichung der Bilder hatten zahlreiche Hinweise die Kripo auf die Spur des 19-Jährigen gebracht, der sich nach seiner Identifizierung selbst stellte. Der illegal in Deutschland lebende türkische Staatsbürger war der Polizei wegen eines Raubüberfalls und eines Diebstahls bekannt.

Die 21-jährige Nebenklägerin berichtete, wie sie dem Angeklagten nach einem Kneipenbummel auf dem Bahnsteig begegnete. Er habe ihr aus heiterem Himmel einen kräftigen Schubs gegen die Schulter versetzt. Obwohl sie nicht direkt an der Bahnsteigkante ging, sei sie rückwärts in Richtung des anrollenden Zuges getaumelt und von ihrer 16-jährigen Cousine in letzter Sekunde zurückgezogen worden. Der Angeklagte habe sich kurz umgedreht, dann sei er gegangen. Seit dem Vorfall leide sie unter Schlaflosigkeit und Albträumen, so die 21-Jährige: „Ich habe gemerkt, dass ich es nicht alleine schaffe. Ich werde mich in psychologische Behandlung begeben.“

Der Angeklagte widerrief eine frühere Aussage, wonach er die 21-Jährige nach einem Streit mit Freunden in Rage geschubst hatte. Er erinnere sich nur noch, vor der Tat „viel zu viel“ Gin und Bier getrunken zu haben. „Aber ich denke, ich wollte sie nicht auf die Gleise schubsen.“ Auch sein Anwalt sagte, eine Tötungsabsicht habe nicht vorgelegen. Der Prozess wird fortgesetzt. lno/aldi/Foto: dpa