: Berlins Zukunft bleibt unklar
Enquetekommission „Eine Zukunft für Berlin“ legt einen Zwischenbericht vor. Der ist oft unkonkret. Chefin Sibyll Klotz (Grüne): „Der Bericht der Kommission ist so gut wie die Arbeit ihrer Mitglieder“
VON STEFAN ALBERTI
Wer so einen Namen hat, kann nur scheitern: „Eine Zukunft für Berlin“ heißt die Enquetekommission des Abgeordnetenhauses, die seit einem halben Jahr darüber nachdenkt, wie es mit der Stadt weitergeht. Der Name legt nahe, die 19 Mitglieder könnten bis Anfang 2005 den rettenden Masterplan aus dem Hut ziehen. Stattdessen bleibt unklar, ob Berlin überhaupt eine –positive – Zukunft hat. Der gestern vorgelegte Zwischenbericht füllt 18 Seiten, legt sich aber in entscheidenden Finanzfragen nicht fest. Einzelvorschläge gibt es viele, die übergeordnete Idee fehlt.
Die Kommission war auf Druck der Opposition nach der Niederlage der rot-roten Koalition am Verfassungsgericht entstanden. Das Gericht hatte einer Klage von CDU, FDP und Grünen stattgegeben und den Haushalt 2002/03 für nicht rechtmäßig erklärt. Unter der Drohung einer erneuten Klage hatten SPD und PDS widerstrebend zugesagt, das Gremium mitzutragen.
Wie im sonstigen Parlamentsbetrieb ist aber auch in der Kommission umstritten, wie das Land seine Finanzen sanieren soll. SPD und PDS lehnen es auch hier ab, den aktuellen Landeshaushalt nachzubessern. Ein solcher Nachtragshaushalt, der Ergebnisse des Zwischenberichts aufnehmen sollte, war vorgesehen, als das Parlament die Kommission einsetzte. PDS-Fraktionschef Stefan Liebich sieht aber dafür keine verwertbaren konkreten Ergebnisse. Der ganz große Wurf fehle, „aber den habe ich für den Zwischenbericht nicht erwartet, und ich erwarte ihn auch nicht für den Schlussbericht“.
Das ärgert die grüne Kommissionschefin Sibyll Klotz. Schließlich sitzt Liebich selbst in dem Gremium. „Der Bericht der Kommission ist so gut wie die Arbeit ihrer Mitglieder und so konkret, wie die Mitglieder konkret geworden sind“, sagte Klotz. Und fügte gegenüber der taz hinzu, sichtlich auf Liebich gemünzt: „Die Hingabe der Einzelnen ist äußerst unterschiedlich.“ Liebich wollte die Sache gestern nüchtern sehen. Er habe wenig Lust auf die Kommission gehabt und dieses Gremium ändere nichts daran, dass es eine klare parlamentarische Mehrheit mit eigenem Programm gebe.
Ansätze im Einzelnen bietet der Bericht durchaus. Am umfangreichsten sind die Vorschläge zum Thema Verwaltungsreform. Dort soll es nach dem Willen der Kommission ein „Ablaufcontrolling“ geben, verbunden mit einer zentralen Beschwerdestelle. Das könnte im Großen ein erneutes Tempodrom-Desaster verhindern, im Kleinen sicherstellen, dass kein Bürgerantrag in einer Ablage verschimmelt.
Beim Thema Finanzen fällt im Zwischenbericht eine von der SPD gestützte Formulierung auf, die höhere Einnahmen gleich gewichtet mit niedrigeren Ausgaben. SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin hingegen argumentiert stets, Berlin habe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. SPD-Fraktionsvize Karin Seidel-Kalmutzki ruderte gestern ein bisschen herum: Man sei ja nicht in jedem Fall glücklich mit der Aussage des Senators.