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Archiv-Artikel

Neustart, alte Fronten

Das Zuwanderungsgesetz im Vermittlungsausschuss: Union und Rot-Grün machen sich wenig Hoffnungen

BERLIN taz ■ Das Zuwanderungsgesetz steht wieder auf der politischen Tagesordnung. Zum ersten Mal seit der rot-grünen Abstimmungsniederlage im Bundesrat trafen sich Politiker von Regierung und Union gestern im Vermittlungsausschuss, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Beide Seiten schraubten die Erwartungen jedoch zurück. Man werde zunächst nur eine Arbeitsgruppe bilden, um Konsensmöglichkeiten „auszuloten“, hieß es.

Geht man nach den gestrigen Äußerungen der Verhandlungsführer, tendieren die Chancen auf Einigung gegen null. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach sagte der taz, Gespräche hätten nur Sinn, „wenn Rot-Grün zu substanziellen Änderungen bereit ist“. Das geplante Auswahlverfahren für Einwanderer nach einem Punktesystem müsse „komplett gestrichen“ werden. Hier sei kein Kompromiss möglich. „Entweder man will Zuwanderung aus demografischen Gründen oder nicht“, erklärte Bosbach. „Wir wollen sie nicht.“

Auch im Flüchtlingsbereich habe sich an den Positionen der Union „nichts geändert“, sagte der CDU-Politiker. Die von Rot-Grün geplante Abschaffung der Duldung müsse zurückgenommen werden. Nach der Wahl in Bayern sei die Verhandlungsposition der Union „noch stärker“.

Der grüne Verhandlungsführer Volker Beck wollte die Hoffnung auf einen Konsens trotzdem noch nicht aufgeben. „Wir sind grundsätzlich bereit, in der Sache zu verhandeln“, sagte Beck, „aber es gibt klare Grenzen.“ Die Grünen würden „nicht zulassen, dass das Zuwanderungsgesetz in sein Gegenteil verkehrt wird“.

Dieter Wiefelspütz (SPD) nannte Bosbachs Forderungen „wenig hilfreich“. Substanzielle Gesetzesänderungen lehnte er ab. „Über Details kann man reden.“ Dem kleinen Koalitionspartner versprach der SPD-Politiker, man werde „Seite an Seite“ verhandeln. „Wer glaubt, er könne an dieser Stelle einen Keil zwischen Rot und Grün treiben, der wird scheitern“, so Wiefelspütz.

Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte, er sehe den Verhandlungen „mit großer Sorge“ entgegen. Schon der rot-grüne Entwurf sei „mangelhaft“, was den Schutz für Flüchtlinge betrifft. „Lieber kein Gesetz als ein Gesetz, das schlechter ist als das geltende Ausländerrecht.“

LUKAS WALLRAFF