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Archiv-Artikel

„Geheimdienste sind ausgenommen“

Lobby-Einflüsse werden durch das Informationsfreiheitsgesetz besser nachvollziehbar, sagt Jörg Tauss, Medienexperte der SPD. Das Gesetz, das diesen Monat noch in den Bundestag soll, sieht eine Auskunftspflicht für Behörden vor – mit Ausnahmen

INTERVIEW: CHRISTIAN RATH

taz: Herr Tauss, seit sechs Jahren kündigt Rot-Grün ein Gesetz an, das den Bürgern freien Zugang zu Akten und Informationen von Bundesbehörden gewährt. Wann kommt dieses Gesetz endlich?

Jörg Tauss: Sehr bald. Ende September oder Anfang Oktober werden SPD und Grüne gemeinsam einen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen. Nach wenigen Monaten wird das Informationsfreiheitsgesetz dann verabschiedet sein.

Müssen Bürger, die Zugang zu Behördeninformationen wollen, eine besondere Betroffenheit nachweisen?

Nein, das Gesetz eröffnet einen allgemeinen voraussetzungslosen Zugang zu den amtlichen Informationen des Bundes. Es genügt das bloße Interesse an der Sache, zum Beispiel an Statistiken oder Gutachten. Das ist ja gerade das Besondere an diesem Gesetz: Der Staat wird für seine Bürger transparent.

Wie man hört, wollten manche Ministerien ihren Bereich völlig abgeschottet halten. Welche Ressorts waren das?

Das war eigentlich nur das Verteidigungsministerium. Die sagten: „Alles Militärische ist geheim.“ Aber das stimmt natürlich nicht. Warum soll etwa der Verkauf von Bundeswehr-Immobilien vertraulich bleiben?

Wie viele Ausnahmen gibt es nun in Ihrem Gesetz?

Generelle Ausnahmen wird es nur für die drei Geheimdienste geben: Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst.

Und sonst müssen die Behörden und Ministerien alles offen legen?

Nein. Es gibt noch eine Hand voll Konstellationen, bei denen Ausnahmen notwendig waren. Dazu gehören etwa Geschäfts- und Forschungsgeheimnisse. Das Know-how von Unternehmern und Wissenschaftlern soll nicht auf dem Umweg über staatliche Akten ausgespäht werden können. Bei personenenbezogenen Informationen kann der Datenschutz entgegenstehen. Außerdem besteht kein Informationsanspruch während laufender Verfahren. Und schließlich darf die innere und äußere Sicherheit nicht beeinträchtigt werden. Die Informationsfreiheit darf nicht dazu führen, dass das Leben von Polizisten oder Soldaten in Gefahr gerät.

Da wird sich wohl bei jeder Anfrage ein Grund zur Informationsverweigerung finden …

Wenn eine Information nicht herausgegeben wird, muss dies begründet werden. In Streitfällen kann man den Datenschutzbeauftragten, der dann auch für den Informationszugang zuständig ist, als Vermittler einschalten. Notfalls muss ein Gericht den Konflikt klären.

Was könnte die Bürger besonders interessieren – ohne dass es von einer der Ausnahmen blockiert ist?

Zum Beispiel die Materialien aus der Gesetzgebung zur Gesundheitsreform oder zum Hartz-IV-Gesetz. Da lassen sich künftig Lobby-Einflüsse besser nachvollziehen.

Wie viel wird der Bürger für Auskünfte und Kopien zahlen müssen?

Es wird Gebühren geben, aber sie werden nicht abschreckend hoch sein.

Warum gilt das Gesetz nur für Bundesbehörden? Verwaltung ist doch hauptsächlich Landessache.

Wenn wir das Gesetz auf Bundesbehörden beschränken, dann kann der Bundesrat nicht blockieren. Aber wir hoffen natürlich, dass möglichst viele Länder unserem Beispiel folgen und für ihren Bereich auch Informationsfreiheitsgesetze schaffen.