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Archiv-Artikel

Oles Post lässt tief blicken

3.000 Schüler und Eltern von 60 Schulen kommen zum „Alternativen Schultag“ auf den Rathausmarkt. Bürgermeister Ole von Beust wünscht Protesttag gutes Gelingen, Bildungssenator Rudolf Lange sagte Teilnahme wegen roter T-Shirts ab

von KAIJA KUTTER

Das bildungspolitische Geschehen in Hamburg war gestern grotesk. Mehrere tausend Kinder und Eltern aus 60 Schulen kamen in der Unterrichtszeit auf dem Rathausmarkt zusammen, und niemand geringerer als Bürgermeister Ole von Beust (CDU) wünschte diesem „Alternativen Schultag“ gutes Gelingen. Er wäre „gerne der Einladung zur Teilnahme“ gefolgt, könne aber leider nicht kommen, da er zur Bundesratssitzung müsse, hatte er an den Initiator Kullen Bronst, den Elternratsvorsitzenden der Schule Seeredder, gefaxt. Der Senat, so heißt es weiter, kenne die „entscheidende Rolle der Elternräte in den hamburgischen Grundschulen und würdigt den von Ihnen geplanten ‚Alternativen Schultag‘, dank dem wichtige Themen für die Ausbildung unserer Kinder angesprochen werden“.

„Der Bürgermeister begrüßt den Protest gegen die Schulpolitik, das lässt tief blicken“, deutet GAL-Schulpolitikerin Christa Goetsch. Denn Bildungsbehördensprecher Alexander Luckow hatte vorab von „Schulpflichtverletzungen“ gesprochen und den beteiligten Eltern juristische Schritte angedroht. Senator Rudolf Lange (FDP) war ebenfalls eingeladen, auf dem Podium zu sprechen. Er sagte aber ab, weil die Kinder in roten Oberteilen und blauen Hosen erscheinen sollten und dies „politisch“ sei.

Derart senatoren- und bürgermeisterlos, machten sich die Versammelten einen schönen Tag. Kinder überzogen den Platz mit bunten Kreidezeichnungen – auch ein ertrinkender Lange war dabei – und ergriffen nach den Erwachsenen das Mikrofon.

„Wir wollen wieder Klassenreisen“, verlangten beispielsweise Ellen, Chidem, Karina und Mettem von der 4. Klasse der Altonaer Schule Königstraße. Die Lehrerin habe nur noch Zeit zum Kopieren. „Das reicht nicht für guten Unterricht.“ Auch dass die Schule wegen des Lehrerarbeitszeitmodells bis halb zwei geht, finden sie nicht gut. „Wir haben keine Weihnachstfeier, kein Theater, kein Osterfest, gar nichts.“

Eltern beklagten vor allem die großen Klassen. „In den 1. Klassen sind 30, 31 und 29 Schüler“, berichtet Mutter Annette Grunwalt von der Schule Lutterothstraße. „Das ist für den Schulstart richtig mies.“ Zwei Mütter aus Finkenwerder monierten: „Die Klassen sind groß, es gibt weder Elterngespräche noch Sommerfest.“

„Wir haben ein Zeichen gesetzt“, zieht Kullen Bronst Bilanz. Er zählte 3.000 Teilnehmer und freute sich besonders über die Bürgermeisterbrief. „Wenn jetzt doch Bußgelder drohen, zeigen wir den vor.“ Doch in der Bildungsbehörde wollte man davon gestern nicht mehr wissen. Angesichts der „geringen Beteiligung“, so erklärte Luckow großmütig, sei die Frage der Schulpflichtverletzung „nicht mehr relevant“.