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Archiv-Artikel

Nachmittags Schule? Voll blöd.

Eine kleine Umfrage unter SchülerInnen der Gesamtschule Mitte zeigt: Die Angebote müssen ganz anders werden, wenn die SchülerInnen überzeugt werden sollen

Dirks Lieblingsfach: Montags wird in „Arbeitslehre“ für die ganze Klasse gekocht

Vier Schüler der Gesamtschule Mitte (10. Klasse) stehen in der Pausenhalle. Sie haben Zeit für ein kurzes Gespräch. „Sonst müssten wir doch jetzt in den Unterricht“, sagt einer. Von der Ganztagsschule halten sie nichts, das ist ganz eindeutig. „So nennt sich der Nachmittagsunterricht“. An zwei Tagen hat die Gesamtschule Mitte ein verpflichtendes Angebot bis in den Nachmittag und Wahlpflichtfächer wie Theater, Video. „Voll blöd“ finden die Schüler es, länger in der Schule bleiben zu müssen. Jedenfalls meistens. Weil sie nachmittags sonst Eishockey spielen im Verein. Zum Beispiel.

Dominique* geht in die 5. Klasse in der Brokstraße, neuerdings einer Dependance der Gesamtschule. Das sei eine Hauptschulklasse, sagt er. Zweimal sei es „Pflicht“, nachmittags zu bleiben. Er findet das nicht gut, weil er „nicht so viel draußen“ sein kann. Für die beiden Nachmittage hat er Rudern und Klettern im Sportgarten gewählt.

Die Brokstraße hat ein Angebot, das den Schülern sehr entgegene kommen muss: Schulband, Theater, Fußball, Schreiben, Hompage, sogar „Pferdepflege“ am Jürgenshof, HipHop. Seit zwei Jahren gibt es das Angebot, sagt eine Schülerin. Gerade sechs von 26 ihrer Klasse nähmen teil.

Das Schulgebäude Brokstraße ist eines von der häßlicheren Art, eigentlich für Schule vollkommen ungeeignet. Die Erkenntnis, dass die Lernatmosphäre auch von der Architektur beeinflusst wird, hat nicht immer Konsequenzen in Bremen. Wohlfühlen kann man sich jedenfalls in der Dependance Brokstraße nicht, weder nachmittags noch vormittags.

Dirk ist nach der Orientierungsstufe an die Brokstraße gewechselt und in der 7. Klasse. „Hauptschule“, sagt er. Mathe sei sehr einfach „ das kann ich alles schon von meiner alten Schule“. Er nimmt an keinem der Angebote teil. „Sechs Stunden vormittags – das reicht“, findet er. Nachmittags stehen Schulaufgaben auf dem Plan, größere Hobbies scheint er nicht zu haben. Sein Lieblingsfach ist kochen: Montags kocht die ganze Klasse sich ihr Mittagessen. Das ist ein Teil des Arbeitslehre-Unterrichtes. „dann schmeckt das Essen immer“, sagt Dirk stolz. Für das von der AWO täglich gelieferte Essen, das es sonst mittags für alle von der 5. bis zur 8. Klasse gibt, hat das keiner der Schüler so gesagt.

Klaus Wolschner* Namen von der Red. geändert