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Archiv-Artikel

Vergebliches Zappeln

Beim Eishockey-World-Cup gelingt dem deutschen Team auch gegen Finnland kein Sieg. Während die Mannschaft verliert, klopft sich Exbundestrainer Hans Zach weiter kräftig auf die Schultern

AUS KÖLN CHRISTIANE MITATSELIS

Eine solch luxuriöse Situation hätte den deutschen Fußball-Bund vor nicht allzu langer Zeit sicher neidisch gemacht: In der Köln-Arena herrschte am Donnerstagabend eine extrem hohe Bundestrainer-Dichte. Im Publikum saß der Neue, Greg Poss, der das Amt des Auswahlcoaches aus Termingründen erst im Oktober antreten wird. An der Bande stand Platzhalter Franz Reindl – und im Studio eines Pay-TV-Senders tobte sich der im Mai zurückgetretene und immer noch schmollende Exbundestrainer Hans Zach aus. Die drei Herren und dazu knapp 13.000 Zuschauer waren gekommen, um die ambitionierte deutsche Eishockey-Nationalmannschaft bei ihrem einzigen Heimspiel beim World Cup of Hockey zu bewundern, dem Turnier, an dem die besten acht Eishockey-Teams des Planeten teilnehmen. Und erstaunlicherweise auch Deutschland – als Weltranglisten-Achter.

Die Sensation blieb erwartungsgemäß aus: 0:3 (0:1, 0:1, 0:1) verlor die deutsche Mannschaft gegen Finnland. Es war die zweite Niederlage der Deutschen beim World Cup nach dem 2:5 am Dienstag in Schweden. Interims-Bundestrainer Reindl fand, seine Mannschaft habe „alles gegeben und gut gespielt“. Was sicherlich stimmte – doch es reichte nicht, um ein großes Team zu besiegen. Wieder einmal. Beim World Cup, einem von der National Hockey League (NHL) veranstalteten Turnier, wird anders als bei den jährlich ausgetragenen Weltmeisterschaften auf kleinem Eis (vier Meter schmaler und kürzer als die europäische Eisfläche) und nach nordamerikanischen Regeln gespielt. Trotzdem war alles beim Alten geblieben.

Das 0:3 gegen Finnland war ein typisches Spiel der ehrgeizigen deutschen Mannschaft, die erfolglos versuchte, ihre eigenen Grenzen zu überschreiten. Die Finnen, die in Köln mit 17 Spielern aus der NHL antraten, ließen die mit sieben Nordamerika-Profis ausgestatteten Deutschen ein bisschen zappeln, kämpfen, sich verausgaben. In entscheidenden Momenten schlugen sie aber gnadenlos zu. Zwei der finnischen Treffer fielen im Überzahlspiel. Reindls Profis mit den gewohnt starken NHL-Angreifern Marco Sturm, Jochen Hecht und Marcel Goc scheiterten dagegen immer wieder am finnischen Weltklasse-Goalie Miikka Kiprusoff, dem Play-off-Helden der Calgary Flames.

Dazu wussten sie im zweiten Drittel aus 115 Sekunden in doppelter Überzahl keinen Nutzen zu ziehen. „Da mussten wir ein Tor schießen“, befand Reindl. Immerhin aber erhielten die Deutschen ein Lob vom finnischen Trainer Raimo Summonen. „Wir respektieren die deutsche Mannschaft, es war kein leichtes Spiel“, erklärte er. Man könnte auch sagen: Die Finnen mussten sich wirklich anstrengen, um die Deutschen zu besiegen. Am Freitagabend (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet) hatte das deutsche Team in Prag im Spiel gegen Tschechien die nächste theoretische Chance, Franz Reindl mit einem Sieg zu beglücken. Am 6. und 7. September tritt im Viertelfinale der Europa- bzw. Nordamerika-Gruppe jeweils der Gruppen-Erste gegen den Vierten und der Dritte gegen den Zweiten an.

Die Weltbesten ein bisschen ärgern, sie zu Höchstleistungen zwingen, das war auch schon in der sechsjährigen Ära von Hans Zach das Größte, worüber sich die Eishockey-Nation freuen durfte. Auf der kleinen Eisfläche kann die deutsche Mannschaft etwas aggressiver forechecken – im Grunde praktiziert sie aber weiterhin das von Zach gepredigte disziplinierte Defensivspiel. Nach der Weltmeisterschaft in Prag, bei der Deutschland erstmals seit vier Jahren nicht das Viertelfinale erreicht hatte, war der Tölzer Bade- und Metzgermeister überraschend zurückgetreten. Aufgrund einer angeblichen Medienkampagne gegen ihn.

Seitdem sind vier Monate vergangen. Zach, immer noch Vereinstrainer der Kölner Haie, verbrachte den Sommer angelnd und wandernd in der bayerischen Heimat – beruhigt hat er sich nicht. Im TV-Interview keifte er zum wiederholten Mal über ein Fachmagazin, das es gewagt hatte, sein Coaching und seine Spielerauswahl zu kritisieren. Irgendwie sieht der Trainer seine Leistungen wohl nicht ausreichend gewürdigt. Die eigentliche Sensation sei es, brüllte er ins TV-Mikrofon, dass Deutschland überhaupt am World Cup teilnehmen dürfe. Das sei nur durch die kontinuierliche Aufbauarbeit der vergangenen sechs Jahre möglich geworden. „Ich kann nur sagen: Hut ab“, schrie Zach. Und nach einer Atempause. „Vor diesem Umfeld.“ Vor dem Trainer, der all das zu verantworten hat, natürlich auch.