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Archiv-Artikel

Härteres Hamburg

Der Wochenendkrimi: Die gelifteten „Männer vom K3“ bestechen durch Optik statt Plot (So., 20.15 Uhr, ARD)

Hamburg hatte lange Zeit ein Imageproblem, krimitechnisch betrachtet. Wenn eine Stadt so urban erscheint wie die Serien, die in ihr spielen, musste die norddeutsche Metropole lange Zeit als ödes Kaff gelten.

Im „Tatort“ bestimmte über die Neunzigerjahre der tranige Barkassen-Swing von Manfred Krug und Charles Brauer den Ton, und die Ermittler im fiktiven Polizeireport „Die Männer vom K3“ führten ihre Verhöre wie Steuerprüfer. Irgendwann beschloss der NDR, dass Hamburg im Fernsehen moderner, schicker, härter aussehen sollte.

Nun stampft Robert Atzorn mit schockgefrorener Visage durch den Stakkato-Schnitt des überarbeiteten „Tatort“. Bei der Komplettsanierung des „K3“-Reviers ging man noch weiter: Der Look, den Regisseur Friedemann Fromm und sein Kameramann Jo Heim kreiert haben, darf spektakulär genannt werden. Die Montage von Close-ups, extremen Unter- und Oberansichten sowie langen Passagen mit der hyperaktiven Handkamera ist eine hübsche Zumutung für Leute, die im Sonntagskrimi einen geruhsamen Wochenendausklang suchen.

Doch leider hält die Dramaturgie nicht, was die Bilder versprechen. In „Porzellan“, der zweiten Episode, offenbart sich das Hauptproblem des runderneuerten „K3“-Serials besonders deutlich: Die aufgerauten, flirrenden Impressionen sind an sich schon so großartig, dass für einen guten Plot kein Platz bleibt. Ein Lehrer wurde ermordet; der Schwager, die junge Ehefrau und der Neffe rücken in den Kreis der Verdächtigen.

Doch so richtig einsteigen kann man mit Kommissar Sander (Ulrich Pleitgen) und seinen drei Kollegen in das komplexe familiäre Abhängigkeitsgeflecht nicht, denn das unentwegt schwankende Bild macht die Orientierung erst mal schwierig. So wird dem Zuschauer suggeriert, er fräse sich mit der nervösen Kamera unter hohem Kraftaufwand ins düstere Herz der Familie vor.

Wirklich tiefgründig ist dieser Krimi aber nicht. Auch wenn es reizend anzuschauen ist, wenn Laura Tonke als schwermütig ins Leere starrende Witwe ihr Cello streicht. Nicht die Geschichte bestimmt bei „K3“ den Look – der Look frisst die Geschichte.

CHRISTIAN BUSS