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Archiv-Artikel

Bambule ist wieder da

Bahngelände an der Harkortstraße friedlich besetzt. Polizei nimmt 84 Menschen fest und behandelt sie erkennungsdienstlich. Bauis: Es geht darum, eine klinische Welt aus Ordnung und Kontrolle zu verhindern. Journalisten Zutritt verwehrt

von GERNOT KNÖDLER

Bambule lebt noch. Ehemalige Bewohner des Bauwagenplatzes im Karo-Viertel und ihre Freunde haben am Samstagnachmittag ein Grundstück der Deutschen Bahn in der Altonaer Harkortstraße besetzt. Nachdem die Bahn Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gestellt hatte, räumte die Polizei das Gelände. Im Zuge der Räumung nahmen die Beamten 84 Menschen fest.

Die Bauwagenleute warfen dem Senat in einem Flugblatt vor, seine repressive und unsoziale Politik habe sich nach dem Rausschmiss des ehemaligen Innensenators Ronald Schill nicht geändert. Die Koalition aus CDU, Schill-Partei und FDP wolle eine „eine klinische Welt aus Ordnung und Kontrolle“ schaffen.

Nach Angaben von Beobachtern und Reportern der taz hamburg ist die Polizei von der Besetzung durch 60 bis 70 Leute überrascht worden. Sie hatte Mühe, Personal und Ausrüstung, wie etwa Scheinwerfer herbeizuschaffen. Circa vier Stunden nach Beginn der Besetzung räumten schätzungsweise 300 Polizisten das Gelände. Die vier Bauwagen schleppten sie ab.

Wie die Polizei mitteilte, versuchten anschließend 200 Demonstranten, von der Harkortstraße nach Ottensen zu gelangen. Die Polizisten verhinderten das. Eine Demonstration am späten Abend in der Hafenstraße, an der sich nach Auskunft der Polizei 70 Menschen beteiligten, „wurde durch den Einsatz starker Polizeikräfte zerstreut“. Der Abend endete mit Platzverweisen. 18 Menschen nahm die Polizei in Gewahrsam.

Das Vorgehen der Polizei auf dem Bahngelände bezeichnete der Rechtsanwalt Manfred Getzmann als „rechtswidrige Massenfestnahme“. Damit habe die Situation eskaliert werden sollen. „Es ist offensichtlich, dass die Polizeiführung damit Politik betreibt“, so Getzmann.

Als „vollkommen rechtswidrig“ stufte der Anwalt die erkennungsdienstliche Behandlung von 27 Festgenommenen ein. Das sei nur im Rahmen eines Strafverfahrens erforderlich. Warum die Polizei in diesen Fällen Fingerabdrücke nahm und „Verbrecherfotos“ anfertigte, war am Sonntag nicht zu erfahren.

Bambule versteht die Besetzung als Fortsetzung der Proteste vom Frühjahr, in denen sich der Unmut vieler Menschen über die Politik des Senats niedergeschlagen hatte. Noch immer hätten die Bauwagenbewohner keinen Platz. Ein Teil von ihnen lebe in ungesicherten Wohnverhältnissen und werde „in ihren über die Stadt verteilten Wagen von der Polizei schikaniert“.

Derweil plane der Senat weiter „Yuppiestädte am Wasser und die Ansiedlung kapitalstarken Personals, während er für diejenigen, die dieser Vision vom Reichtum auf ihre Art näher kommen wollen, noch größere Gefängnisse und geschlossene Heime bereitstellt“, heißt es in dem Bambule-Flugblatt. „Hier geht es nicht nur um die Frage, ob das Leben im Bauwagen toleriert werden sollte“, schreiben die Bambulistas weiter. „Es geht um die grundsätzliche Frage, wem die Stadt gehört.“

Der AStA der Hochschule für Wirschaft und Politik solidarisierte sich gestern mit Bambule. Er kritisierte zudem, dass Journalisten am Betreten des temporären Bauwagenplatzes gehindert wurden. AStA-Sprecher Bela Rogalla beobachtete, wie einem Fernsehteam von Hamburg 1 verwehrt wurde, auf dem Platz zu filmen. Ein taz-Fotograf wurde mit dem Hinweis auf Sicherheitsbedenken zurückgehalten.

Heute Demo, 17.30 Uhr Gerhart-Hauptmann-Platz