: Gaswechsel nicht immer einfach
Obwohl sie wechseln wollten, landeten 1.300 Hamburger bei ihrem alten Versorger – und erlebten dort eine böse Überraschung. Die Energieunternehmen versprechen aber, dass in der nächsten Zeit alles viel einfacher wird. Mal sehen
VON JONAS NONNEMANN
Der Brief ließ ihn die Luft anhalten. Walter Maßmann hatte Ende November den Gasanbieter gewechselt, glaubte er zumindest. Und bekam dann doch wieder Post von Eon Hanse, dem alten Anbieter. In dem Brief wartete neben der bekannten Rechnung noch eine weitere, sehr unangenehme Überraschung: Maßmann sollte einen Preis zahlen, der um die Hälfte höher war als der alte.
Dabei hatte der Hamburger Rentner eigentlich alles richtig gemacht. Über das Internet beantragte er bei Vattenfall einen Tarifwechsel. Vattenfall sagte zu, seinen alten Vertrag bei Eon Hanse zu kündigen und ihn in einen günstigeren Tarif aufzunehmen. Nachdem er den Brief gelesen hatte, rief er gleich bei Eon an. „Die sagten mir dann, sie wüssten von nichts“, erzählt der 67-Jährige. Später erfuhr er, dass der Wechsel zu Vattenfall nicht geklappt hatte.
So wie Walter Maßmann sei es im Februar und März etwa 1300 VerbraucherInnen ergangen, ließ Vattenfall verlauten. Ebenso waren Eon-Hanse-Kunden betroffen, die zu dem Anbieter EWE oder den Stadtwerken in Wedel oder Ratzeburg-Mölln wechseln wollten.
Theoretisch ist so ein Wechsel auch keine große Sache. Weder Stromzähler noch Gasspeicher müssen bei einem Anbieterwechsel ausgetauscht werden. Meistens beschränkt sich dieser darauf, dass man als Kunde eine andere Rechnung erhält.
Was war also schiefgelaufen? Teil des Problems ist, dass Vattenfall und andere Anbieter in Hamburg kein eigenes Gasnetz haben. Deshalb verkaufen sie ihre Ware auch weiterhin über den Netzbetreiber, Eon Hanse, und müssen ihre Kunden dort anmelden. Bei der Anmeldung muss eine komplizierte Einteilung in Marktgebiete vorgenommen werden. „Festzustellen, welches Marktgebiet das richtige für die Kunden ist, ist nicht immer einfach“, meint Sabine Neumann, Pressesprecherin von Vattenfall. Das liegt wohl daran, dass diese nicht geographisch eingeteilt sind.
Laut Neumann ist es unmöglich, ein Stadtviertel oder eine Straße einem Marktgebiet zuzuordnen. Das Problem ist, dass die Aufnahmekapazität von Marktgebieten immer begrenzt ist. „EWE und Vattenfall sind über das falsche Marktgebiet reingegangen“, sagt ein Sprecher von Eon Hanse. Will heißen: in dem Marktgebiet, für das Vattenfall die KundInnen angemeldet hat, war kein Platz mehr. Was die Sache noch komplizierter macht: Eon Hanse, der Netzbetreiber, ist selbst auf Lieferanten angewiesen. Wenn deren Kapazitäten ausgelastet sind, kann das Unternehmen beim besten Willen nicht mehr liefern.
Vattenfall bezweifelt das gar nicht. Offenbar hat das Unternehmen Kunden abgemeldet, ohne gegenzuchecken, ob eine Anmeldung über den eigenen Gastarif überhaupt möglich ist.
Damit die Verbraucher in so einem Fall nicht ohne Gas dastehen, gilt folgende Regel: Wer keinen gültigen Vertrag hat, landet beim Grundversorger. Im Fall von Walter Maßmann will die Ironie es so, dass der Grundversorger Eon Hanse ist und damit eben jene Firma, von der er eigentlich weg wollte.
Inzwischen bahnt sich aber eine Lösung an. „Wir haben uns mit EWE, Bundesnetzagentur und Vattenfall an einen Tisch gesetzt und eine Lösung gefunden“, sagt Volker Milesch von Eon Hanse. Und verspricht, dass alles besser wird: „Im Herbst werden die beiden Hamburger Marktgebiete zusammengelegt, dann gibt es das Problem nicht mehr.“ Außerdem will Vattenfall die Mehrkosten der Kunden übernehmen, bis es mit dem Wechsel klappt. Die Begründung: Es könne nicht sein, dass die Kunden einen Nachteil erleiden.
Walter Maßmann ist trotzdem noch sauer, „vor allem, weil Vattenfall sich nicht gemeldet hat“. Mittlerweile hat er sich auch an die Verbraucherzentrale gewandt und wartet dort schon seit Wochen auf einen Termin. Kalte Füße bekommen hat Walter Meßmann trotz allem nicht. Und es ist auch nicht wahrscheinlich, dass dies jemals der Fall sein wird. Denn sein Gas wird er auch weiterhin bekommen, dafür sorgt im Zweifelsfall der Grundversorger. Vielleicht versöhnt ihn das ja ein wenig. Und wenn dieses Mal alles klappt, wird ihn vielleicht einmal nur noch ein Geldbeutel an seinen Wechsel erinnern, der um ein weniges dicker ist.