: Toter verwest im Charité-Klo
Leichnam lag tagelang unbemerkt in einer Besuchertoilette der Charité. Eine Obduktion soll die Todesursache klären. Offen ist auch, wieso die Toilette nicht gereinigt wurde
In einer Besuchertoilette des Universitätsklinikums Charité hat offenbar tagelang unbemerkt eine Leiche gelegen. Der Tote soll nun obduziert werden. Auf diese Weise soll die Todesursache geklärt werden. Einen Zeitpunkt für die Obduktion konnte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald, am Freitag noch nicht nennen. Zumindest äußerlich lägen bei dem 29-Jährigen keine Hinweise auf ein Fremdverschulden vor, fügte er hinzu.
Der Leichnam war am Mittwoch in einer öffentlich zugänglichen Besuchertoilette am Campus Virchow-Klinikum in Wedding gefunden worden, wie eine Charité-Sprecherin am Freitag bestätigte. Es handele sich dabei um einen Mann aus Dresden, der am Abend des 6. März – also rund fünf Tage vor dem Fund der Leiche – auf dem Gelände der Charité aufgefunden und in der Notaufnahme vorgestellt wurde. Der Patient sei ansprechbar, sein Kreislauf stabil gewesen. Er hatte den Angaben zufolge ein „Spritzenbesteck“ dabei, das ihm abgenommen und entsorgt wurde.
Der Mann habe sich gegen den Transport in die Notaufnahme gewehrt und nach der Ankunft dort eine weitere Behandlung abgelehnt, teilte die Charité-Sprecherin mit. Nach etwa zehn Minuten Aufenthalt habe der 29-Jährige selbstständig die Notaufnahme verlassen. „Da eine akute Vitalgefährdung zu diesem Zeitpunkt sicher auszuschließen und die Geschäftsfähigkeit ausreichend gegeben war, wurde keine polizeiliche Suche veranlasst“, betonte die Sprecherin.
Was danach geschah, ist bislang völlig offen. Mitarbeitern sei am Mittwochvormittag ein strenger Geruch aus der Behindertentoilette aufgefallen. Da diese von innen abgeschlossenen war, wurde ein Schlosser gerufen. Der entdeckte die Leiche. Der Leichnam wies nach Angaben der Polizei bereits Anzeichen von Verwesung auf.
An der gesamten Charité werden die Toiletten von Mitarbeitern des Tochterunternehmens CFM gereinigt. Normalerweise erfolge täglich die Reinigung aller Toiletten, sagte eine Charité-Sprecherin. Doch es sei auch denkbar, dass eine Reinigungskraft eine Toilette nicht putze, wenn diese abgeschlossen sei. Dass die Tür so lange verschlossen war, sei möglicherweise wegen des regelmäßigen Personalwechsels nicht aufgefallen. „Das ist aber nur eine spekulative Vermutung“, betonte die Sprecherin.
Es kommt immer wieder vor, dass Menschen auf Toiletten oder wenig besuchten Bereichen von Kliniken sterben und erst Tage später entdeckt werden. Erst Ende Dezember wurde in einer Klinik in Weimar eine 20-Jährige gefunden, die tagelang unbemerkt tot in einer Toilette gelegen hatte. Die Frau war zuvor in der Psychiatrie am Klinikum stationär behandelt und kurz vor Weihnachten als vermisst gemeldet worden. Erst Tage später entdeckte man ihre Leiche auf einem Herren-WC für Behinderte.
Im Berliner Vivantes Klinikum Neukölln war im Juni 2006 ebenfalls ein Patient verschwunden. Er wurde rund eine Woche danach tot im Technikraum gefunden. Nach dem 63-jährigen Demenzkranken war zwar gesucht worden, unter anderem wurden Verwandte und Bekannte befragt. Doch in dem Technikraum wurde zuerst nicht nachgeschaut, da er eigentlich immer abgeschlossen war. Wegen Reparaturarbeiten war er dann aber doch kurzzeitig geöffnet gewesen, sodass der Mann hineingelangen konnte. DPA, DDP