der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR
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… gerät in Schwulitäten, kommt sich selbst in die Quere, verheddert sich im eigenen Kosmos. Die Jahre des Aufbaus sind vorbei, das Image scheint gesichert, und zur Belohnung spendiert die Gesellschaft einen guten Ruf. Wie der aussieht, war in der vergangenen Woche in einem NDR-Feature zu betrachten. „Schwule Männer sind in Mode“, behauptete die Autorin Wilma Pradetto und bot der ganzen strunzdummen Homo-Yuppie-Ideologie eine Plattform wie in der Iglo-Werbung. „Heterosexuelle sind doch zu beneiden“, resümierte die FAZ zu Recht die peinliche Propaganda-Klamotte.

Was darauf folgt, wenn die Bilder der schönen schwulen Welt nicht mehr in Einklang zu bringen sind mit dem gar nicht so präsentablen Homo-Allerlei, lässt sich in den schwulen Medien beobachten. Da beschwerten sich unlängst Leserbriefschreiber im Hamburger Schwulenblatt Hinnerk über das öffentliche Erscheinungsbild einiger Besucher des jüngsten Ledertreffens: „Mit nacktem Hintern und heraushängendem Schwanz“ hätten die sich gezeigt, „am hellichten Tag wie selbstverständlich und sich unterhaltend auf der Straße.“ – „Das finden wir abstoßend!“, so die aufgebrachte Meinung. Was soll mit diesen schwarzen Schafen also geschehen? Ausgangssperre? Verstoßen aus dem Familienverband?

Ach was! Da gehört ein ganz anderer Besen her. Das legen jedenfalls die Auslassungen zum Thema des populären schwulen Internet-Portals „gaywinner.de“ nahe. Hier wird nämlich der Trend zum Schmuddelkind wie folgt analysiert: „Die zunehmende gesellschaftliche Aufgeschlossenheit für Homosexuelle hat auch eine Kehrseite: Sie macht Grenzpersönlichkeiten mit schweren sozialen Defiziten Mut, auch noch schwul zu sein, und begünstigt immer bizarrere Formen der Subszene.“ Wer oder was darunter zu verstehen ist? Juliaan B. Schnitter, Autor der gefährlichen Suada, serviert einen kruden Cocktail zur Anschauung: … „ältere Männer mit Bierbauch in engstem Leder“ … „Extrem-Piercings oder Dessous“ … „aus dem Hintern hängende Toys“ … „exaltierte Alte“ … „Schmuddelsex“ … „die Tunte im Lederkeller“ – „Wo Vorbilder fehlen, wird die Umwelt über kurz oder lang mit Grenzpersönlichkeiten konfrontiert.“ So sieht sie also aus, die Schattenseite der Emanzipation – aus schwuler Sicht. Der Text wird angereichert mit dem Passfoto eines jungen Mannes, das 1943 erschienen ist im Deutschen Ärzteblatt, dem Organ des Ärztebundes der NSDAP, Bildtitel: „Der debile Homosexuelle“. Damit nicht genug: Zum Stichwort zitiert wird ein gewisser W. Weygandt, von 1936: „Homosexueller: Etwas blöder, weichlicher Gesichtsausdruck. Er schreibt unorthographisch, rechnet mäßig, assoziiert langsam. … Sterilisation nötig, Kastration ratsam.“ Was will uns der Autor damit nahe legen? Sein Fazit endet deutlich: „Die Homosexualität ist seit 1973 keine Krankheit mehr. Das Verhalten einiger Schwuler im 21. Jahrhundert allerdings schon.“ Nach den Hass-Seiten im Internet kommen jetzt die Selbsthass-Seiten in Mode. Und die Schwulen sind wieder dem Trend weit voraus.