Um die Wurst

Musikfest II: Dhafer Youssef, Kristjan Järvi, Hille Perl

So viele Würste hat „Kiefert“ sonst nie auf dem Grill. Und das Menschenaufkommen zwischen Schütting und Dom schlägt sogar den Weihnachtsmarkt. Wenn sich Mensch und Wurst vereinigt haben, streben sie (wieder) in eines der 21 Musikfest-Auftaktkonzerte. Zum Beispiel zu Dhafer Youssef ins Atrium des Kontorhauses.

Der Oud spielende Tunesier empfängt sein Publikum mit einem schon fast scherfesken Dauerlächeln, strahlt ohne Unterlass, zeigt den Menschen, wie glücklich er ist, für sie zu spielen – wenn nicht gerade eine besonders schmerzlich gezupfte Arabeske die Visualisierung von Leidenschaft erfordert. Die Musikfestlichen lieben ihn, den Darling der Weltmusik, dem jeder Ton zur bedeutsamen Bekundung gerät.

Und Youssef seinerseits ist begeistert von seiner – in der Tat sehr guten – Stimme. Mit großen Gesten begleitet er deren hallverstärkte Höhenflüge. Was noch?

Ein unentwegt vor sich hin wummerndes Schlagwerk (Rune Arnesen), dazu zerrt sich eine EGitarre (Eivind Aarset) ins durch elektronische Schwummerloops ohnehin schon reich besetzte Klangfeld. Schlimme Truppe. Bis auf den Bassisten (Dieter Ilg) der mit einem ebenso virtuosen wie transparenten Solo die Laune rettet.

Im Innenhof des Landgerichts bleibt sie erhalten. Kristjan Järvi’s Absolute-Ensemble – eine Mischung aus Big Band und klassischem Orchester – crossovert sich durch spannende Eigenkompositionen, dann kommt mit Lew Soloff (Trompete) und David Taylor (Posaune) ein Brass-Gespann dazu, das sowohl über unglaublich geschmeidige Töne als auch über die erheiternden Qualitäten der beiden Muppets-Senioren verfügt. Großartig.

Dann ist noch ein bisschen Viola da Gamba-Zauber von Hille Perl im Schütting zu erleben, kombiniert mit Graham F. Valentines rezitatorischem Talent. Tja!, und fertig ist der Musikfestauftakt.

Die geniale Idee des Big Mix, der die historischen Zentren der Stadt belebt wie sonst nichts, hat nur zwei Schönheitsfehler: zum einen die mit allzu großer Konfusion irrlichternden Spots des „Lichtdesigns“ und zum anderen die durch den finanziellen Filter bewirkte sozial-generationelle Auslese des Publikums. Ein Ticket kostet so viel wie 33 Würste.

HB