: Montag einig Demotag
Heute Abend starten die Hartzgegner wieder mit einer gemeinsamen Montagsdemonstration. Doch das ist erst der Anfang. Höhepunkt der Proteste wird der Tag der Deutschen Einheit sein
VON RICHARD ROTHER
Neue Phase im Anti-Hartz-Protest: Die heutige Montagsdemonstration, die um 18 Uhr am Roten Rathaus startet, ist der Auftakt für eine Reihe von Mobilisierungsaktionen für weitere Proteste rund um den Tag der Deutschen Einheit. „Alles, was wir jetzt machen, zielt auf einen bundesweiten Protesttag im Oktober“, so Demo-Sprecher Sascha Kimpel. Die Hartzgegner wollten der „Einheit von oben“ eine „Einheit von unten“ entgegensetzen, so Kimpel.
Aller Voraussicht nach wird es am 2. Oktober eine bundesweite zentrale Großdemonstration in Berlin geben. Auf einem bundesweiten Treffen in Leipzig einigten sich die Hartzgegner gestern darauf. Die endgültige Entscheidung darüber wird bei einem weiteren Treffen am 11. September in Leipzig fallen. Dazu werden bis zu 400 Teilnehmer erwartet. Bereits am 3. April haben in Berlin rund eine Viertelmillion Menschen gegen den Sozialabbau protestiert.
Seit mehreren Wochen gehen jeden Montag zehntausende Menschen gegen Hartz IV, die Zusammenlegung von Arbeitslosen und Sozialhilfe auf Sozialhilfeniveau, auf die Straße. Die umstrittene Reform war von der rot-grünen Bundesregierung initiiert und von CDU und FDP sowie der Mehrheit der westdeutschen Bundesländer unterstützt worden. Sie soll zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Allein in Berlin werden rund 270.000 Menschen das so genannte Arbeitslosengeld II beziehen. Mit Angehörigen werden laut Schätzungen bis zu 450.000 davon betroffen sein. Die heutige Montagsdemonstration wird wieder zur SPD-Parteizentrale am Halleschen Tor in Kreuzberg führen. Denkbar sei auch, in den kommenden Wochen die Parteizentralen von CDU, Grünen, FDP oder auch das Haus der Wirtschaft in der Leipziger Straße, Sitz der Wirtschaftsverbände, als Ziel der Demonstration zu wählen, heißt es in Veranstalterkreisen. Organisiert wird der Protest von Arbeitslosenorganisationen, Gewerkschaften und der PDS Berlin. Gemeinsamer Anmelder ist der FU-Professor Peter Grottian. In den letzten Wochen beteiligten sich nach Polizeiangaben zwischen 10.000 und 16.000 Menschen. Die Veranstalter sprachen von 30.000 Teilnehmern. Heute werden wieder 20.000 bis 30.000 Demonstranten erwartet.
Die Demonstranten fordern die Rücknahme der umstrittenen Reform – und rechnen sich dabei durchaus Chancen aus. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik seien Empörung und Ablehnung gegenüber einer unsozialen Politik so groß wie heute gewesen, heißt es zum Beispiel bei der globalisierungskritischen Bewegung Attac. Bundeskanzler Gerhard Schröder stünde schon jetzt mit dem Rücken zur Wand. „Mit den zu erwartenden Wahlniederlagen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Brandenburg wachsen die Chancen für einen Politikwechsel.“
Allerdings funktioniere das nur, wenn auch der Druck aus der Gesellschaft groß genug sei. Dies wird nicht nur heute Abend, sondern auch in den nächsten Wochen zu sehen sein.