: FPÖ weiter auf Abstiegskurs
Bei den Landtagswahlen in Oberösterreich und Tirol verliert die rechtspopulistische FPÖ. Die ÖVP regiert zwar weiterhin, aber SPÖ und Grüne gewinnen am stärksten
WIEN taz ■ Haider heißt der große Sieger der Landtagswahlen in Oberösterreich: Erich Haider, der Spitzenkandidat der SPÖ, der am Sonntag nicht weniger als 11,3 Prozentpunkte dazugewann und die sieggewohnte ÖVP auf den Boden der Realität zurückholte. Obwohl bei den Wahlen in Oberösterreich und Tirol die ÖVP-Landeshauptleute Josef Pührunger und Herwig van Staa ihre Positionen verteidigen konnten, wollte sich bei der Kanzlerpartei keine Jubelstimmung breit machen. Denn die Oppositionsparteien gewannen in beiden Ländern viel mehr dazu, die SPÖ vor allem in Oberösterreich, die Grünen besonders stark in Tirol. Echte Sorgen muss sich Bundeskanzler Wolfgang Schüssel aber um den kleinen Koalitionspartner machen. Die FPÖ verfehlte nicht nur ihr Wahlziel, nicht unter 10 Prozent abzustürzen, sie landete in beiden Bundesländern hinter den Grünen an vierter Stelle. Die ÖVP schmerzt besonders, dass nicht sie die Hauptnutznießerin der Fluchtbewegung frustrierter Freiheitlicher ist.
In Tirol hatten Schüssel und van Staa vor wenigen Tagen noch große Sprüche geklopft. Schon 1810 habe man die Bayern geschlagen. Jetzt sollten die Tiroler auch das Wahlergebnis von Edmund Stoiber überbieten – im Sinne der ÖVP natürlich. Am Sonntag konnte die Regierungspartei denn auch mit 49,9 Prozent der Stimmen die angepeilte absolute Mandatsmehrheit (20 von 36) erreichen, doch blieb der Zugewinn mit 2,7 Prozentpunkten weit geringer als erhofft.
Mehr als erwartet konnten hingegen die Sozialdemokraten zulegen, die in einem Land, wo ähnlich wie in Bayern Politik, Kirche und Wirtschaft eng verflochten sind, traditionell einen schweren Stand haben. Sie steigerten sich von 21,8 auf 25,9 Prozent. Über den höchsten Zugewinn konnten aber die Grünen jubeln, die ihr Konto von 8 Prozent auf 15,5 fast verdoppelten. Ihr Spitzenmann Georg Willi überzeugte durch Sachthemen. In der Landeshauptstadt Innsbruck versprechen die Ökos mit stolzen 27 Prozent der allmächtigen ÖVP in Zukunft noch sehr lästig zu werden. Alle diese Stimmengewinne gingen zu Lasten der FPÖ, die von 19,6 auf 8 Prozent abstürzte und fünf von sieben Landtagsmandaten verlor.
In Oberösterreich, einer Hochburg der FPÖ und der Heimat Jörg Haiders, stellt sich das freiheitliche Desaster noch drastischer dar. Von 20,6 Punkten blieben nur mehr 8,4. Acht von zwölf Mandaten musste die FPÖ abgeben, davon zwei an die Grünen und nicht weniger als sechs an die SPÖ, die mit 38,3 Prozent bis auf fünf Punkte an die ÖVP heranrückte, die das Land seit 1945 regiert. Die 0,7 Prozent Plus für die Christdemokraten kommen einer Niederlage gleich, war doch die Ausgangsbasis von 42,7 Prozent ein historischer Tiefpunkt. Sieger sehen anders aus als Landeshauptmann Pühringer, der den Bundestrend als seinen schärfsten Gegner ortete. Die Neuauflage der schwarz-blauen Regierung, eine als ungerecht empfundene Pensionsreform, der Kauf teurer Abfangjäger und vor allem die chaotische Privatisierung des oberösterreichischen Edelstahlbetriebs Vöest Alpine haben dem Ansehen von Bundeskanzler Schüssel erheblich geschadet. Ausbaden müssen dieses Stimmungstief für die Regierung die Statthalter in den Ländern.
Die Regierungsparteien bestreiten bundespolitische Auswirkungen der Wahlen vom Sonntag. Bundeskanzler Schüssel speiste die Presse mit Stehsätzen ab, FPÖ-Chef Herbert Haupt ging überhaupt auf Tauchstation. Und Jörg Haider, dessen Interventionen aus Kärnten zum zerrissenen Bild der FPÖ viel beigetragen haben, tat so, als habe er mit all dem nichts zu tun. Er eröffnete gestern mit einer Anzeigenkampagne den Wahlkampf für die Landtagswahlen in Kärnten am 7. März 2004. „Bei uns in Kärnten gehen die Uhren anders. Wir Kärntner. Unser Landeshauptmann Jörg Haider.“
RALF LEONHARD
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