: Wille da, Arbeit nicht
Hartz IV kurbelt die Zeitarbeit an. Der Ansturm variiert aber von Firma zu Firma. Und letztlich mangelt es an sowieso am Wichtigsten: an Arbeit
VON BORIS R. ROSENKRANZ
Die Zeitarbeits-Firmen des Landes können schon jetzt, vor der eigentlichen Einführung des vierten Hartz-Streichs am 1. Januar 2005, mehr Zulauf verzeichnen. Doch: Handelt es sich um einen echten Ansturm? Und ist Hartz IV der alleinige Auslöser? „Der Trend ist da“, sagt Thomas Läpple, Pressesprecher des Bundesverbands Zeitarbeit (BZA) in Bonn. Auf Hartz IV wird dieser Trend schon deshalb zurück geführt, „da sich neuerdings vermehrt Langzeitarbeitslose bewerben“, wie Läpple festgestellt hat. Fraglich ist allerdings, ob der Andrang von den Firmen bewältigt werden kann, sprich: ob alle Arbeitswilligen in Lohn und Brot gebracht werden können?
„Wir können nicht alle vermitteln“, sagt Läpple und fügt an, dass dies immer von der Konjunktur abhänge. Die schwächelt hierzulande bekanntermaßen schon seit einigen Jahren. „Und wenn die Konjunktur nach unten geht, dann werden zuerst die Zeitarbeiter entlassen“, sagt Michael Jeske, Geschäftsführer der nordrhein-westfälischen Zeitarbeitsagentur Start, die ausschließlich Arbeitslose vermittelt und nicht auch Berufstätige, die neue Berufsfelder suchen. Mittlerweile sei es wieder einfacher geworden, Arbeitslose in einen Job zu bringen. Bei Start sind derzeit 2.000 Menschen unter Vertrag. Seit der Hartz IV-Debatte hat auch Jeske mehr Zulauf verzeichnet. Enorm ist dieser allerdings nicht. „Die Büros“, sagt Jeske, „werden uns deswegen nicht gerade eingelaufen.“
Manfred Brücks kann den vermeintlichen Ansturm dagegen genauer beziffern: Seit Juni würden sich durchschnittlich fünf bis zehn Prozent mehr Menschen bei ihnen bewerben, sagt der Pressesprecher des Personaldienstleisters Adecco, der allein im Ruhrgebiet mit etlichen Filialen vertreten ist. Von Ort zu Ort sei der Zulauf unterschiedlich. In der Mülheimer Adecco-Dependance liege der Zuwachs gar bei elf Prozent. Das Gros der Bewerber habe aber nicht mal eine Ausbildung. Die dann zu vermitteln sei, so Brücks, „möglich, aber nicht einfach.“
Für Wilfried Küpper, Inhaber der Zeitarbeits-Firma Abakus und Vorstandmitglied im BZA, liegt das Problem jedoch nicht beim gering qualifizierten Arbeitssuchenden, sondern bei seinen Kunden: „Wenn die keine Arbeit haben, können wir auch niemanden vermitteln“, sagt Küpper und ärgert sich: „Dieses ganze Geschwafel, es müssten Arbeitsplätze geschaffen werden – alles Unsinn!“ Die Plätze seien zumeist vorhanden, blieben aber unbesetzt. Überall stünden Schreibtische leer. Und warum? Weil es an Arbeit fehle. Und wieder ist es die kranke Konjunktur, die alles verschuldet hat.
Sich zu bewerben, ganz gleich wie alt man ist, wie qualifiziert und wie lange ohne Arbeit, das rät Küpper jedenfalls allen. Einzige Voraussetzung: „Er oder sie muss arbeiten wollen!“ Es habe schon Fälle gegeben, da sei selbst ein älterer und damit „schwer vermittelbarer“ Zeitarbeitnehmer in eine feste Anstellung übernommen worden – weil er kompetent zu Werke ging. Somit ist eine aussagekräftige Bewerbung der erste Schritt in den umkämpften Arbeitsmarkt. Die sollte zunächst „schriftlich und sauber“ erfolgen, um dann in ein persönliches Gespräch zu münden, sagt Küpper. Dort könne geklärt werden, über welche Qualifikation der Arbeitssuchende verfüge. Und Langzeitarbeitslose, sagt Küpper, hätten bei Helfer-Jobs immer gute Chancen. Wie gesagt: Sie müssten nur arbeiten wollen.