: Hau den Mehdorn
Bundesverkehrsminister Tiefensee (SPD) attackiert Bahn-Chef und verschiebt Bahn-Börsengang auf 2013
BERLIN dpa ■ Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hat Bahn-Chef Hartmut Mehdorn attackiert und einen Börsengang des Unternehmens in weite Ferne gerückt. Für viele negative Schlagzeilen über die Bahn sei die Konzernspitze verantwortlich, die die Unternehmenskultur beschädigt habe, sagte der Minister der Süddeutschen Zeitung (Samstag). Sein Vertrauen in Mehdorn sei „nicht uneingeschränkt“. Zu dem in der Finanzkrise abgesagten Börsengang der Bahn konkretisierte der Minister, dieser „sollte auch in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr verfolgt werden“. Über eine entsprechende Festlegung im SPD-Wahlprogramm werde das Parteipräsidium an diesem Montag beraten.
Noch 2008 hatte die Parteispitze gegen Widerstand an der Basis für eine Teilprivatisierung der Bahn gestritten. Bei der Gewerkschaft GDBA fand Tiefensee Unterstützung in der Privatisierungsfrage. Gleichzeitig kritisierte GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel den späten Sinneswandel des Ministers: „Wäre der Bund von vornherein bereit gewesen, mehr Geld lockerzumachen, hätte man sich das ganze Theater um die Privatisierung ersparen können.“
Tiefensee betonte, die Investitionsvorhaben bei der Bahn könnten auch ohne Börsengang erreicht werden. „Wir werden aller Voraussicht nach der Bahn eine Eigenkapitalspritze aus dem eigenen Gewinn geben können und werden aus dem Konjunkturpaket 1.500 kleine und mittlere Bahnhöfe sanieren und den Lärmschutz verbessern. Diese Ziele sind also weitgehend erreicht.“
In der Datenaffäre bei der Bahn hat sich unterdessen der zuständige Ausschuss des Aufsichtsrats nach Gewerkschaftsangaben hinter die Sonderermittler Gerhart Baum und Herta Däubler-Gmelin gestellt. Die beiden Exbundesminister sowie die Wirtschaftsprüfer von KPMG sollten frei vom Bahn-Antikorruptionsbeauftragten Wolfgang Schaupensteiner und von Anwälten des Bahn-Vorstands arbeiten, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Transnet der dpa nach einem Treffen des Ausschusses am Samstag in Essen.
Bahn-Chef Mehdorn hatte Baum und Däubler-Gmelin kritisiert und ihnen vorgeworfen, ihr Vorgehen nähre den „Eindruck der Befangenheit“. Diese hatten sich über Arbeitsbehinderung durch die Bahn beklagt.
Der Ausschuss des Kontrollgremiums hatte die Aufklärung des umstrittenen Abgleichs von Daten von bis zu 170.000 Bahn-Beschäftigten mit Daten von Lieferanten an sich gezogen. Dafür wurden Baum, Däubler-Gmelin und KPMG mit Ermittlungen betraut. Der Ausschuss wird von Aufsichtsratschef Werner Müller und dem Vorsitzenden der Gewerkschaft Transnet, Alexander Kirchner, geleitet.