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Archiv-Artikel

Szene findet Politik nicht schick

Die Regenbogenliste tritt bei den Kommunalwahlen nicht wieder an. Nach nur einer Wahlperiode ist die Luft raus. Damit hat Kölns schwul-lesbische Community keine eigene politische Plattform mehr

Von Thomas Spolert

Manch einer rieb sich Mitte August bei der Präsentation der zugelassenen Parteien zur Kommunalwahl am 26. September ungläubig die Augen. Doch trotz mehrfacher Suche fand sich kein einziger Wahlvorschlag der Regenbogenliste. Noch beim letzten kommunalen Urnengang trat die damals frisch gegründete schwul-lesbische Wählerinitiative in 14 Wahlkreisen der heimlichen Homo-Hauptstadt Köln an. Die politisierten Lesben und Schwulen errangen 1999 immerhin ein Mandat in der Bezirksvertretung Innenstadt. Die Community war auf dem Weg, die Politik für sich zu erobern. Doch nach nur einer Legislaturperiode ist die Luft offenbar raus.

„In Köln gibt es für die Regenbogenliste derzeit keine Basis“, räumt Vorstandsmitglied Jürgen Künz freimütig ein. Das Interesse an den Veranstaltungen der schwul-lesbischen Politinitiative sei in den vergangenen Monaten sehr gering gewesen. Immer mehr Mitglieder seien ausgetreten. Eigentlich wollten die Regenbogen-Leute wenigstens wieder für die Bezirksvertretung Innenstadt kandidieren. „Aber das Interesse der Mitglieder für die Kandidatenkür war so gering, dass es keinen Sinn gemacht hätte“, so Künz enttäuscht. Derzeit gebe es in der Szene wohl eine richtige Politikverdrossenheit.

„Das ist das Aus der Regenbogenliste“, gibt sich Künz keinen Illusionen hin. Er mache sich Sorgen um die Kölner Community, weil sie damit keine eigene politische Plattform mehr habe. Auch Maria Rohlinger, Abgeordnete in der BV Innenstadt, bedauert das politische Ende der Regenbogenliste. „Es wird wohl wieder der übliche Lobbyismus aufkommen“, so die Noch-Abgeordnete. Die Lesben und Schwulen würden wieder zu Bittstellern minderer Priorität bei den etablierten Parteien werden. „Nur bei Wahlen werden sie wieder umworben werden“, sagt Maria Rohlinger voraus.

In der Tat sind auch dieses Jahr Schwule und Lesben bei Liberalen und Grünen als Wähler gefragt. „Aktiv für Lesben und Schwule“, verkündet die FDP in ganzseitigen Anzeigen in den Septemberausgaben der Szeneblätter. „Lesben und Schwule sind für uns eine wichtige Wählergruppe“, erklärt FDP-Fraktionsgeschäftsführer Uli Breite. Die FDP sei gut in der Kölner Szene verankert. Nach der Devise „Nicht kleckern, sondern klotzen“ ist derzeit kein Pfahl oder Laternenmast in Szenenähe vor FDP-Plakaten sicher.

Auch die Kölner Grünen wollen mit ihrem offen schwulen Kandidaten Andreas Wolter in der Community, wo sie immer schon viele Wähler für sich gewinnen konnten, punkten. Fraktionsvize Jörg Frank verzichtete sogar zugunsten von Wolter auf den Wahlkreis 3. Es winkt ein Direktmandat in dem von vielen Homos bevölkerten Belgischen Viertel. In den Szeneblättern präsentieren die Grünen in ihren Anzeigen gleich eine ganze Liste von offen schwulen und lesbischen KandidatInnen, die für den Rat oder die Bezirksvertretungen zur Wahl stehen. „Wir wollen auch noch Kneipenwahlkampf in der Szene machen“, verspricht Wolter siegessicher.

Den startete Elfi Scho-Antwerpes von der SPD schon am Sonntag. Die Vorsitzende des Lindenthaler Ortsvereins setzt voll auf die Homo-Stimmen. Auf ihrer Internetseite verspricht sie, für die Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen in Köln einzutreten. Ihre Partei, die SPD, interessiert sich dagegen gar nicht für die Homosexuellen. Mit keinem Wort werden sie im Wahlprogramm erwähnt. Auch Anzeigen oder spezielle Plakate sucht man in der Community vergeblich. Für die Lesben und Schwulen in Köln gibt es keine SPD. Es gibt nur Elfi Scho. „Das Thema ist für uns nur eine Querschnittsaufgabe“, bekundet auch Jörg Detjen von der PDS sein Desinteresse an der Wählergruppe.

Mit ganzseitigen Anzeigen im schwulen Blätterwald hatte Fritz Schramma (CDU) während des Oberbürgermeister-Wahlkampfes im Jahr 2000 noch kräftig um Szenestimmen gebuhlt. Zwar eröffnete der CDU-Oberbürgermeister erstmals das diesjährige CSD-Straßenfest. Aber im Kommunalwahlkampf 2004 hört und sieht die Kölner Community nichts von den Schwarzen. Zumindest hierin sind sie sich mit den Roten einig. Wieso es diesen Sinneswandel bei den Christdemokraten gibt, ist nicht in Erfahrung zu bringen. „Derzeit sind alle wegen der Kommunalwahl in wichtigen Sitzungen“, heißt es lapidar in der CDU-Fraktion.