american pie : Nicht nur Adler jagen die Patriots
Viele Teams gehen chancenreich in die neue Saison der National Football League, allen voran Titelverteidiger New England und NFL-Krösus Washington
Die World Bowl hat Rohan Davey gewonnen, nun darf es gern auch die Super Bowl sein. Als unwahrscheinlich gilt das nicht vor der neuen Saison der National Football League (NFL), die morgen mit dem Match des Champions New England Patriots gegen die Indianapolis Colts beginnt. Als sehr wahrscheinlich gilt hingegen, dass Davey, in der NFL Europe zuletzt Quarterback beim World-Bowl-Gewinner Berlin Thunder, einen erneuten Titelgewinn der Patriots wohl von der Bank aus erleben würde. Aber – wer weiß? Stamm-Quarterback Tom Brady gilt nach zwei Super-Bowl-Siegen in den letzten drei Jahren zwar als absolut unangefochten und ziert sogar das aktuelle Cover von Sports Illustrated, doch unangefochten schien sein Vorgänger Drew Bledsoe vor drei Jahren auch zu sein. Doch dann verletzte sich der Star des Teams für kurze Zeit, und der innovationsfreudige Coach Bill Belichick setzte fortan nur noch auf den formidablen Ersatzmann Brady. Bledsoe zog frustriert nach Buffalo.
Bei Tom Brady steht ein Umzug nicht an, und selbstverständlich wird er gegen die Colts auflaufen. Das Match ist die Neuauflage des Halbfinales der vorigen Saison, gut möglich, dass die Siegesserie der seit 15 Pflichtspielen ungeschlagenen Patriots schon beim Saisonstart endet und der NFL-Rekord, für den weitere vier Siege nötig wären, verhindert wird.
New England hat zwar die Möglichkeit, als zweites Team nach den Dallas Cowboys drei Titel in vier Jahren zu gewinnen, von der Dominanz der Texaner zu Beginn der Neunziger ist die Mannschaft jedoch weit entfernt. Viele Spiele der letzten Saison wurden nur sehr knapp, oft durch Field Goals von Adam Vinatieri, gewonnen, so auch die Super Bowl gegen das Überraschungsteam der Carolina Panthers. Diese gelten naturgemäß auch jetzt als einer der Herausforderer, doch die Liga ist in den letzten Jahren so ausgeglichen, dass fast jedes Team als Champion in Frage kommt.
Die Panthers, wie im Vorjahr ungeschlagen in der Vorbereitung, setzen weiterhin auf ihr bewährtes Team mit dem glänzenden Quarterback Jake Delhomme und dem phänomenalen Receiver Steve Smith. Sollte das reichen, um angesichts starker Gegner in den Saisonspielen die Play-offs zu erreichen, ist mit der Mannschaft aus Carolina erneut zu rechnen.
Dreimal haben sich die Philadelphia Eagles in den letzten Jahren als sicherer Super-Bowl-Kandidat gefühlt, dreimal sind sie im Halbfinale mehr oder weniger kläglich gescheitert, das letzte Mal zum Entsetzen ihrer Fans daheim gegen Carolina. „Wir haben die Fähigkeiten, wir haben die Athleten, wir haben die Coaches, um die Super Bowl zu gewinnen“, sagt Quarterback Donovan McNabb, „nun müssen wir es nur noch Realität werden lassen.“ Um dies zu erreichen, wurde von den San Francisco 49er der ebenso brillante wie schwierige Receiver Terrell Owens geholt. „Wir füllen jeweils eine Lücke füreinander“, sagt der für seine Allüren berüchtigte Owens, der sich bislang sehr brav einfügte, über sich und McNabb. Ob er von dem Spielmacher, dessen Würfe manchmal etwas wacklig sind, regelmäßig die Pässe bekommt, die er sich wünscht, wird von vielen Experten aber bezweifelt.
Während die Baltimore Ravens versuchen, mit der Reaktivierung des schillernden Cornerbacks Deion „Prime Time“ Sanders an alte große Zeiten anzuknüpfen, die New York Giants auf den in St. Louis ausgemusterten Quarterback Kurt Warner als Heilsbringer hoffen und die Dallas Cowboys in ihrer zweiten Saison mit Erfolgs-Coach Bill Parcells den erstaunlichen Aufstieg der letzten Saison fortsetzen möchten, wollen die Washington Redskins das Schicksal mit Gewalt zwingen. Sie investierten ein Vermögen in Spieler und Coaches und sind das weitaus teuerste Team der Liga. Trumpfkarte ist der 64-jährige Cheftrainer Joe Gibbs, ein Hall-of-Fame-Coach, der die Redskins einst zu Super-Bowl-Siegen führte, die letzten elf Jahre aber im Ruhestand verbrachte.
Erstmals ist in der NFL auch ein deutscher Feldspieler dabei. Defensive End Constantin Ritzmann (24) überstand den letzten Cut bei den Buffalo Bills und schaffte den Sprung in den aktiven Kader. MATTI LIESKE