: Zusatzrente à la DDR wird immer teurer
Für besondere DDR-Bürger gab es besondere Renten. Die wachsen den Finanzministern im Osten über den Kopf
DRESDEN taz ■ Die Renten aus Zusatz- und Sonderversorgungsansprüchen der DDR machen den ostdeutschen Finanzministerien zu schaffen. 754 Millionen Euro muss allein Sachsen in diesem Jahr dafür ausgeben, 2,7 Milliarden sind es in Ostdeutschland insgesamt. Summen, welche die Landeshaushalte belasten und für Investitionen fehlen.
Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU) hat deshalb den Bund zu einer stärkeren Mitfinanzierung aufgefordert. Das Thema könnte am Rande der Ost-Finanzministerkonferenz am morgigen Donnerstag eine Rolle spielen. Der Einigungsvertrag sowie das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz von 1991 enthalten ein Kuckucksei – das inzwischen beachtliche Ausmaße angenommen hat. 250.000 Anspruchsberechtigte erwartete man damals – mittlerweile ist ihre Zahl auf 770.000 gestiegen.
Die Kosten für diese Renten übernahm der Bund 1990 nur zu einem Drittel. Den neuen Bundesländern, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gegründet waren, fallen die übrigen zwei Drittel zur Last. Für Ex-Volkspolizisten müssen sie sogar allein aufkommen.
In der sozial angeblich nivellierenden DDR war eine viel größere Zahl von Bürgern als bisher angenommen bei der Alterssicherung gleicher als andere gestellt. Für die „FZR“, die freiwillige Zusatzrente, wurde unter „Intelligenzlern“, Funktionären und Freiberuflern eifrig geworben. 22 solcher Zusatzversorgungssysteme gab es. Weitere Zusatzrenten privilegierten hauptamtliche Mitarbeiter der SED und der Blockparteien. Diese Ansprüche zahlt allein der Bund, ebenso die Sonderpensionen von Volksarmisten, Feuerwehrleuten und Justizbeamten. In der Regel wurden dafür auch Beiträge entrichtet, auch von Mitarbeitern des Staatsapparates. Befreit waren beispielsweise Kombinatsdirektoren oder Spitzenkünstler.
Ursache für das lawinenaertige Anschwellen der Kosten ist zum geringsten Teil die Rentendynamisierung. Die Zahl der Anträge an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte BfA wächst vor allem seit Urteilen des Bundessozialgerichtes und des Bundesverfassungsgerichtes in den Jahren 1998 und 1999. Danach ist es für die Antragsberechtigung unerheblich, ob ein bestätigter Bescheid aus DDR-Zeiten vorliegt. Es genügt, zum Kreis der potenziellen Intelligenzrentner, also der Ingenieure oder Wissenschaftler, zu gehören. Außerdem wurde die Kappung von Renten der „Systemnahen“ wieder zurückgenommen.
„Der Kreis dieser Zusatzrentner stellt den größten Wachs-tums- und Unsicherheitsfaktor dar“, sagt Sprecher Lothar Neyer vom thüringischen Finanzministerium. Die Mehrkosten ließen sich praktisch nicht mehr planen. Die Kosten der Sonderversorgung, der heutigen Beamtenversorgung am ehesten vergleichbar, steigen hingegen weit langsamer und stetiger. „Statt Investitionen in die Zukunft finanzieren wir die Lasten der Vergangenheit“, ärgert sich der sächsische Finanzminister Metz.
MICHAEL BARTSCH