: Verlockungen der fünften Liga
Bremer Fußball beschäftigt den Staatsanwalt: Verband setzt Begegnung ab, nachdem ein Wettbüro ungewöhnlich hohe Einsätze auf eine Niederlage des favorisierten FC Bremerhaven anzeigte
VON JENS UTHOFF
Die Ermittlungen beginnen gerade erst. „Noch können wir keine Aussagen über Verdächtige treffen“, sagt der Bremerhavener Staatsanwalt Frank Schmitt. Ermittelt wird wegen Betrugs, genauer: der versuchten Manipulation einer Partie der Bremen-Liga. Die dritte Mannschaft des SV Werder hätte am Samstag gegen den FC Bremerhaven antreten sollen.
Samstagvormittag waren allerdings in einigen Wettbüros ungewöhnlich hohe Summen auf eine Niederlage des FC Bremerhaven (FCB) gesetzt worden. Bremerhaven ist Tabellenzweiter, Werder III steht auf Platz sieben. Betradar schlug Alarm: Dieses Warnsystem, das Auffälligkeiten im zwei Minuten-Takt misst, wurde nach dem Bundesliga-Wettskandal 2005 im Auftrag des Deutschem Fußballbundes (DFB) entwickelt. Kurz vor 13 Uhr stellte deshalb ein Bremerhavener Wettbüro Strafanzeige. Die Polizei informierte den Bremer Fußball-Verband. Um 13.30 Uhr, so Verbandssprecher Oliver Baumgart, habe der Spielausschuss die Begegnung abgesetzt.
Um wie viel Geld es ging, ist nicht zu erfahren. Und „wer diese hohen Summen auf dieses Spiel gesetzt hat“, so Staatsanwalt Schmitt, sei „bislang unklar“: Es gebe „noch keine Hinweise, dass dies jemand aus dem Umfeld einer Mannschaft war“.
Genau diesen Verdacht hegen hinter vorgehaltener Hand allerdings viele. Und die Hauptrolle in der Gerüchteküche spielt der FCB. Sogar dessen Trainer Norbert Riedel ist mit Ehrenerklärungen vorsichtig. „Ausschließen kann ich das letztlich nicht“, sagt er, „dass da Spieler in die Sache verwickelt sind.“ Die Verlockung sei schließlich da. Und auch in seinem Team gebe es ja, wie überall in dieser Fußballklasse, Arbeitslose und Geringverdiener. „Aber das wäre so bitter, da darf ich jetzt gar nicht dran denken“, sagt Riedel. „Ich will schließlich hier Meister werden!“
Fünfte Liga – das verbindet man mit ehrlicher fußballerischer Wertarbeit, mit aufgeschürften Knien und Ascheplätzen, mit muffigen Umkleidekabinen, in denen das Wasser spärlich aus der Dusche tröpfelt. Wenn man irgendwo keine großen Geschäfte zu vermuten wären, dann hier. Und doch ist das Manipulations-Risiko besonders hoch: „Genauer beobachtet werden natürlich die höheren Ligen“, sagt Baumgart. Hinzu kommt: Spieler, Trainer und Schiris kennen einander gut. „Man trifft sich auch mal am Wochenende in der Disco“, sagt der Verbandssprecher. „Gerede über Spiele mit ungewöhnlichem Ausgang“, das habe es aber „auch schon in der Vergangenheit“ gegeben.
Riedel war mit seinen Bremerhavenern schon auf dem Platz am letzten Samstag. Die Spieler dehnten gerade Waden und Oberschenkel – das übliche Warm-up eine halbe Stunde vor Anpfiff. Dann kam über den Stadionlautsprecher die Durchsage, die Begegnung könne aufgrund „ungewöhnlicher Vorfälle“ nicht stattfinden.
Jetzt fordert Riedel: „Die fünfte Liga muss raus aus dem Wettgeschehen.“ Eine Forderung, die selbst in der Wettbranche Zustimmung finden kann. Derzeit ist es zwar möglich und völlig legal, selbst noch auf Partien der fünften Liga Geld zu setzen. Aber „der Anreiz für die am Spielgeschehen Beteiligten wird natürlich größer, je höher der mögliche Wettgewinn im Verhältnis zum Verdienst ist“, sagt Bernd Albers, Geschäftsführer von Albers Sportwetten in Hannover. „Von daher finde ich es problematisch, Wetten für die fünfte Liga anzubieten.“ Allerdings befürchte er auch, dass ein Verbot das Problem bloß in die Illegalität oder in das Ausland verlagern würde. Das wiederum wäre ein echter Nachteil – gerade für die Ermittlungen deutscher Staatsanwaltschaften.