: Viel Raum für viele Einsätze
Das Mandat für die deutsche Beteiligung am internationalen „Krieg gegen den Terror“ lässt eine Truppenstärke von 3.900 Mann zu und umfasst ein riesiges Einsatzgebiet
DSCHIBUTI taz ■ Selbst wenn die deutsche Marine ihre Präsenz am Horn von Afrika jetzt noch einmal redutziert hat, berührt dies nicht die deutsche Beteiligung am so genannten Anti-Terror-Krieg. Der Bundestag wird das am 14. November ablaufende Mandat für ihren Einsatz innerhalb der von den USA geleiteten „Operation Enduring Freedom“ wohl abermals, wie schon im November 2002, um zwölf Monate verlängern.
„Der Einsatz auch militärischer Mittel ist weiterhin unverzichtbar, um die andauernde Bedrohung zu beseitigen“, schrieb der Auswärtige Ausschuss des Bundestages vor einem Jahr in seine Beschlussvorlage für das Parlament. In diesem Jahr dürften die Abgeordneten zu derselben Einschätzung kommen. Niemand wird behaupten, die Gefahr terroristischer Anschläge hätte in den vergangenen zwölf Monaten abgenommen.
Was vor zwei Jahren noch die rot-grünen Koalition ins Wackeln brachte, ist längst Routine geworden. Damals musste Bundeskanzler Gerhard Schröder die Mandatserteilung noch mit einer Vertrauensabstimmung verbinden, um Kriegsgegner unter den grünen Abgeordneten von ihrem Nein abzubringen. Heute scheint das Thema so wenig brisant, dass sich, sechs Wochen vor der anstehenden Entscheidung, nicht einmal die zuständigen Ausschüsse mit der Angelegenheit befasst haben.
Aus einem Einsatz mit enger zeitlicher Begrenzung wird so ein Dauereinsatz. Der geografische Rahmen ist ohnehin denkbar weit gesteckt. Das „Einsatzgebiet“ umfasst demnach „die arabische Halbinsel, Mittel- und Zentralasien und Nord-Ost-Afrika sowie die angrenzenden Seegebiete“. Regierung und Parlament hätten es sich auch noch einfacher machen und sich gleich auf das Operationsgebiet des „US Central Command“ (Centcom) beziehen können. Der jeweilige Kommandeur kommandiert alle Einsätze innerhalb einer „Area of Responsibility“, die das Territorium von 25 Staaten erfasst – von Kenia über Irak und Pakistan bis nach Kasachstan.
Nicht nur das Einsatzgebiet ist großzügig umrissen, auch der Auftrag lässt viel Spielraum. Die „Operation hat zum Ziel“, so heißt es im weiterhin gültigen Beschluss des Bundestages, „Führungs- und Ausbildungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten, Terroristen zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vor Gericht zu stellen, sowie Dritte dauerhaft von der Unterstützung terroristischer Aktivitäten abzuhalten“. Zu welchen Mitteln die jeweiligen Einheiten dabei greifen dürfen und sollen, lässt das Mandat offen.
Auch bei der Verteilung der Truppen lässt das Mandat der Bundesregierung viel Spielraum. Festgelegt ist nur die Gesamtgrenze von 3.900, und die ist schon jetzt bei weitem nicht ausgeschöpft. Das Bundestagsmandat gibt zwar in etwa die Verteilung der Personenstärke an – 800 ABC-Abwehrkräfte, 100 für das derzeit in Afghanistan eingesetzte Kommando Spezialkräfte (KSK), 500 für den Lufttransport und 1.800 für den Marineeinsatz – aber darauf folgt auch schon eine wichtige Relativierung: „Unterhalb der festgelegten Obergrenze von 3.900 Soldaten“, so der Beschluss des Bundestages, „sind in Anhängigkeit von den Erfordernissen des Einsatzes Abweichungen von der jeweils genannten Größenordnung möglich.“
Die zur Routine werdende Verlängerung des Mandats für „Enduring Freedom“ nimmt damit etwas vorweg, dass die Bundesregierung laut ihren Verteidigungspolitischen Richtlinien ohnehin anstrebt. „Künftige Ensätze lassen sich“, heißt es da in Artikel 57, „weder hinsichtlich ihrer Intensität noch geografisch eingrenzen.“ ERIC CHAUVISTRE