: In der Regel keine Gefahr
Hygiene-Institut beanstandet jede siebte Lebensmittelprobe und wehrt sich gegen schlechte Benotung durch Greenpeace. Staatsrat stellt mehr Geld in Aussicht
Die Umweltbehörde und das ihr unterstellte Hygiene-Institut haben sich gestern gegen Vorwürfe von Greenpeace gewehrt, sie würden bei der Überwachung von Lebensmitteln auf Pestizidrückstände mangelhaft arbeiten. Mit der Verengung auf Pestizide erfasse die Greenpeace-Note lediglich einen kleinen Teil der Aktivitäten, sagte Staatsrat Gregor Kempkens. Er befürwortete ein bundeseinheitliches Informationsfreiheitsgesetz, das es Verbrauchern ermöglichen würde, sich über Firmen und Händler zu informieren, die gegen das Lebensmittelrecht verstoßen. Jede siebte Probe hatte das Institut 2002 zu beanstanden. Lediglich 14 von 2.162 Verstößen seien jedoch gesundheitsgefährdend gewesen, heißt es in der gestern vorgestellten Jahresbilanz.
Wie berichtet, hatte Greenpeace der Lebensmittelüberwachung der Bundesländer Schulnoten zwischen Drei und Sechs erteilt. Die meisten, darunter Hamburg, wurden mit einer Fünf bewertet: Der Jahresbericht enthalte zu wenige konkrete Informationen. Die Fragen von Greenpeace seien mit Allgemeinplätzen beantwortet worden. Ein Informationsfreiheitsgesetz gebe es nicht. Die Zahl der Proben sei viel zu niedrig.
Als „gut“ bewertet wurde nur die „Aufdeckungsquote“, der Anteil der Proben, bei denen eine Überschreitung der zulässigen Höchstmenge an Pestiziden festgestellt wurde. Hier lag Hamburg gleich hinter dem Gesamt-sieger Baden-Württemberg.
Die geringe Untersuchungsdichte rechtfertigte Kempkens mit den vielfältigen Aufgaben des „Instituts für Hygiene und Umwelt“, die sich aus der Überwachung der Importe über den Hafen ergäben. Die von der EU auf begründeten Verdacht hin geforderte Untersuchung von Meeresfrüchten aus Südostasien und brasilianischem Geflügel auf Antibiotika habe einen großen Teil der Ressourcen beansprucht, sagte der wissenschaftliche Sprecher des Instituts, Thomas Kühn. Insgesamt hätten seine Kollegen zwar nicht viel, „aber dafür intensiv“ untersucht, was die Aufdeckungsquote beweise.
Den Vorwurf, die Untersuchungen dauerten zu lange, führte Kühn auf ein Missverständnis zurück. „Wir verstehen uns nicht als Produktkontrolleure“, sagte er. In erster Linie müssten die Hersteller und Händler sicherstellen, dass ihre Ware nicht vergiftet sei. Das Hygiene-Institut überwache das mit Stichproben, die einen Überblick ermöglichen sollen. „Es ist in der Regel nicht Gefahr im Verzug, auch nicht bei Höchstmengenüberschreitung“, sagte Kühn.
Weil die EU-Erweiterung mehr Importe über den Hafen und mehr Kontrollen nach sich ziehen wird, stellte Kempkens auch zusätzliche Mittel in Aussicht. „Wenn das Institut betrieblich optimal durchorganisiert ist, dann muss die Politik auch mehr Geld zur Verfügung stellen“, sagte der Staatsrat. Gernot Knödler