Und aus die Maut

Verkehrsminister Manfred Stolpe gesteht ein: Die Lkw-Maut kann auch am 2. November nicht starten. Für den Steuerzahler wird das ganz schön teuer

von HANNA GERSMANN

Seit an Seit mit den Großen der deutschen Industrie wollte die rot-grüne Bundesregierung die Welt beeindrucken – und das erste satellitengestützte Mautsystem entwickeln. Gepatzt: Gestern beerdigte das Bundesverkehrsminsterium die Maut. Frühestens Ostern wird sie auferstehen, mutmaßen Experten.

Der Sprecher von Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) äußerte sich freilich verhaltener. Er sagte, der Minister „hege Zweifel“ am vereinbarten Starttermin 2. November. Eigentlich sollten dann Lkw ab zwölf Tonnen pro Autobahnkilometer zwischen 9 und 14 Cent Gebühr zahlen – nach Achszahl und Schadstoffausstoß gestaffelt. Angesichts der ungelösten Probleme sei das Datum aber nur noch „reine Theorie“.

Das Bundesamt für Güterverkehr hatte die Lkw-Maut ab nächsten Monat schon vor zwei Wochen abgehakt. Das Amt erteilt die Betriebsgenehmigung sowieso nur, wenn das System einen mehrwöchigen Probelauf bestanden hat. Der hat aber noch gar nicht begonnen.

Doch das Stolpe-Ministerium wollte nicht aufgeben, berief schnell einen Expertenworkshop ein. Montag und Dienstag dieser Woche tagten dann Gutachter, Mitarbeiter des Bundesamtes, des Ministeriums und des Mautbetreibers Toll Collect, einer Tochter von DaimlerChrysler und Telekom. Das – selbst von Toll Collect anerkannte – Urteil fällt nun ebenfalls vernichtend aus: „Wichtige Teile besitzen noch nicht die notwendige Funktionsfähigkeit.“

Den Steuerzahler kostet jeder Monat ohne die Lkw-Maut rund 160 Millionen Euro. Spediteure profitieren – zumal sie schon seit Ende August, als die Maut eigentlich starten sollte, die alte Eurovignette nicht mehr zahlen. Das Verkehrsmininisterium streitet sich nun mit Toll Collect um Schadenersatzforderungen.

Nur räumte Stolpe-Vorgänger Kurt Bodewig (SPD), der den Vertrag mit den Mautbetreiber kurz vor der letzten Bundestagswahl unterschrieben hatte, Toll Collect eine Schonfrist ein: drei Monate keine Haftung, keine Vertragsstrafe. Auch danach fallen die Vertragsstrafen eher gering aus, sechs Monate lang je 7,5 Millionen Euro, später 15 Millionen. Nur zum Vergleich: Wenn das System einmal funktioniert, soll Toll Collect pro Jahr 570 Millionen Euro kassieren.

Und die Haftung? Die ist völlig unklar. Für dieses Wochenende hat Manfred Stolpe deshalb die Spitzen von DaimlerChrysler und Telekom geladen.