HAARIG: DER FOTOBAND „METAMORPHOSIS“

Zwar stellen die meisten Fashion-Magazine heute so viele Angaben ans Ende ihrer Modestrecken, dass deren Umfang oft einen Filmabspann ähnelt. Das aber ändert wenig daran, dass stets der Fotograf als Autor gilt. So einfach aber liegen die Dinge nicht. Denn es ist selten der Fotograf allein, der das Skript für die Aufnahmen entwickelt, die Location auswählt und über Models, Kleider, Accessoires, Make-up und Frisur entscheidet: Dafür sind Stylisten wie Serge Normant da, der in einem fulminanten Bildband Auskunft über sein Metier gibt. Haare, das zeigt der Stylist, sind das Medium der Mode schlechthin, ermöglichen sie doch die ständige Neuerfindung unserer selbst. Linda Evangelista zum Beispiel streicht das kurze Haar zurück, das ihr Gesicht umspielt – schon kann sie den Stenz markieren, den zu küssen sie im Begriff ist. In diesem Doppelporträt scheint die Quintessenz von Normants Kunst auf. Denn er begreift Haare nicht allein als plastisches Material, das dem Gesicht, dem Kopf, ja dem ganzen Körper immer wieder neue Proportionen gibt. Er sieht vor allem eine Geschichte – auch eine Geschichte der Kunstgeschichte –, die sich mit Hilfe der Haare erzählen lässt. Kein Wunder also, dass Julia Roberts sich mit ihren fürstlich aufgetürmten Haaren wie eine Königin fühlt – in einem Reich, dessen Untertanen in ihren Haaren wohnen? BRIGITTE WERNEBURG

Serge Normant: „Metamorphosis“. Mit Texten von Julia Roberts, Isabella Rosselini u. a. Schirmer/Mosel 2004, 192 S., 49,80 €