Das Lächeln der Ministerin

Über die Novelle des Urheberrechts kann Justizministerin Brigitte Zypries glücklich sein. So glücklich wie Sisyphus

Brigitte Zypries ist vermutlich der klügste Kopf im Berliner Kabinett. Im Juli dieses Jahres hat die gegenwärtige deutsche Justizministerin es sogar geschafft, einen Gesetzentwurf über den elektronischen Schriftverkehr zwischen Anwälten und Gerichten einzubringen. Es regelt alle Sicherheitsfragen genau so, wie es nach dem Stand der Technik nötig ist. Man könnte ihn einfach für alle vergleichbar heiklen Transaktionen zum rechtsverbindlichen Standard erklären und hätte Ruhe vor Passwortklauern und anderen Onlinegaunereien. Zum Glück verstehen gewöhnliche Bundestagsabgeordnete so wenig vom Internet, dass er gewisse Chancen hat, wenigstens in der deutschen Justiz zum Gesetz zu werden. Vielleicht wird er einfach durchgenickt, weil die Abgeordneten lieber mit ihren Lobbyisten Essen gehen oder die Lokalzeitung ihres Wahlkreises lesen, wenn er auf der Tagesordnung steht.

Leider lassen sich nicht alle Internetprobleme so elegant lösen, und selbst Brigitte Zypries kommt in Schwierigkeiten, wenn es um die Frage digitaler Kopien geht. Rein technisch betrachtet, gibt es keine digitalen Daten, die nicht kopierbar sind. Die Lobby der Medienindustrie in der EU sieht das ganz anders, ihretwegen muss das Urheberrecht nun schon zu zweiten Mal neu formuliert worden. Brigitte Zypries hat dafür einen weiteren Entwurf ausarbeiten lassen. Er soll jetzt von den Lobbyverbänden weiter beraten werden, und seit letztem Donnerstag ist unter www.bmj.de auch eine öffentliche Mitteilung des Ministeriums über seine Bemühungen in dieser Sache zu lesen. Er enthält die bemerkenswerte Einsicht, dass der Unterschied zwischen analoger und digitaler Welt viel kleiner ist, als man denkt. Denn hier wie dort, steht da wörtlich zu lesen, „wären Verbote oder Beschränkungen der Privatkopie nicht durchsetzbar, und damit sinnlos“.

Brigitte Zypries ist klug genug, um zu wissen, dass das auch für die Online-Tauschbörsen gilt. Albert Camus hat gesagt, dass wir uns Sisyphus als glücklichen Menschen vorstellen sollten. Nehmen wir also an, dass auch Brigitte Zypries ein glücklicher Mensch ist. Sie stemmt ihren Stein den Berg hinauf, und schaut dann zu, wie er ganz von selber wieder hinunterrollt. Sie lächelt dabei, denn sie weiß, dass alles Weitere, was in ihren Erläuterungen zur neuerlichen Novelle des Urheberrechts steht, vollkommen sinnlos ist. In dem zivilisierten Rechtsstaat, in dem sie Ministerin ist, kann man nichts davon durchsetzen. Aber sie hat ihre Pflicht getan.

NIKLAUS HABLÜTZEL