Bootsfahrers Freud, Steuerzahlers Leid

Die Investitionen des Bundes in die Freizeitschifffahrt kritisiert der Bundesrechnungshof als verdeckte Subventionen. Verbände zahlen eine Pauschale von 51.000 Euro. Bund möchte Wasserstraßen an Länder übergeben, doch die haben wenig Interesse

„Die Gebühren für die Schleusen haben mit den tatsächlichen Kosten nichts zu tun“

VON FRANZISKA DÄHN

Wassersport auf Flüssen und Kanälen ist in Deutschland auch deshalb ein beliebtes Hobby, weil es so billig ist. Über 300 Schleusen und Wehre stehen den Freizeitkapitänen bundesweit zur Verfügung – im wesentlichen kostenlos. Der Paddler und Motorbootfahrer Freud ist aber des Steuerzahlers Leid, meint zumindest der Bundesrechnungshof (BRH). Er kritisiert die hohen Investitionen des Bundes in die Freizeitschifffahrt als verdeckte Subventionen.

Die Verbände der Sportschifffahrt zahlen derzeit jährlich nur 51.000 Euro für die Nutzung der Schleusen im gesamten Bundesgebiet. Nichtmitglieder werden sogar kostenlos geschleust. „Diese Pauschale hat mit den tatsächlichen Kosten nichts zu tun“, sagt Ernst Ceglarek, Prüfungsgebietsleiter Bundeswasserstraßen beim BRH.

1921 übernahm das Deutsche Reich von den Ländern all die Binnenwasserstraßen, die Bedeutung für den Güterverkehr hatten. Mit der Staatsgründung der BRD wurde der Bund ihr Eigentümer, ohne zu überprüfen, ob sie noch immer relevant für die gewerbliche Schifffahrt sind. Wasserstraßen, die lediglich touristisch interessant sind, unterstehen eigentlich den Ländern. Mit der Eigentümerfunktion sind auch bestimmte, zumeist finanzielle Pflichten verbunden – etwa die Instandhaltung von Schleusen und Brücken. 1998 änderte die Bundesregierung das Bundeswasserstraßengesetz. Damit fielen einige der Sport- und Freizeitschifffahrt dienende Kanäle nicht mehr unter das Gesetz, blieben als „sonstige Binnenwasserstraßen“ aber trotzdem Eigentum des Bundes. Auch die Kosten blieben: Summen im zweistelligen Millionenbereich zahlt der Bund nach Schätzungen des Rechnungshofes jährlich für die Infrastruktur der Freizeitwasserstraßen.

Beispiel Finowkanal. Der brandenburgische Kanal verlor seit Inbetriebnahme der parallel verlaufenden Oder-Havel-Wasserstraße 1914 an industrieller Bedeutung. Mit der Vereinheitlichung des Wasserstraßenrechts nach der Wende galt er, unabhängig von seiner tatsächlichen Bedeutung für den Güterverkehr, als Bundeswasserstraße. 1998 wurde der Kanal zur „sonstigen Binnenwasserstraße“ herabgestuft, der Bund ist aber dennoch für seine Verwaltung zuständig. Und diese Eigentümerfunktion nimmt er sehr ernst: Die Kosten für Erhalt und Instandsetzung des Finowkanals bis zum Jahr 2010 betragen nach Angaben des Verkehrsministeriums 21 Millionen Euro, die der Bund zu 75 Prozent trägt. Zum Vergleich: Die Hauptprofiteure der Sanierung, der Kreis Barnim und das Land Brandenburg, zahlen nur rund 5,5 Prozent. Eine rechtliche Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Schiffbarkeit des Kanals besteht jedoch seit der Abstufung nicht mehr, so der BRH.

Zwischen 1999 und dem Jahr 2002 hat der Bund nach eigenen Angaben 80 Millionen Euro investiert. Eine genaue Kostenaufstellung wolle das Bundesverkehrsministerium nicht liefern, so Ceglarek. Für Abgaben, wie Schleusengebühren oder Brückengelder, besteht bisher nicht einmal eine Rechtsgrundlage.

Der Rechnungshof spricht daher von einer „versteckten Subvention“ des Tourismus. „Es muss offen gelegt werden, was der Bund tatsächlich leistet“, beanstandet Ceglarek. Bei einer völligen Kostendeckung durch Gebühren käme die Freizeitschifffahrt wohl zum Erliegen. Doch nur auf der Basis der tatsächlich anfallenden Ausgaben könne der Gesetzgeber eine politisch gewollte Entscheidung treffen, so der Rechnungsprüfer. Seine Behörde empfiehlt zudem die Übergabe der entsprechenden Freizeitwasserstraßen an die Länder, gegen eine angemessene Ablösesumme. Verhandlungen gibt es bereits. „Die Länder machen da aber nicht mit“, so Ceglarek. Sie fürchteten die Kosten, die damit auf sie zukämen.

Ein wenig gefruchtet hatte die Kritik vom Bundesrechnungshof schon. Im April diskutierte das Bundesverkehrsministerium eine Maut für Motorboote, die ab 2005 immerhin 7,5 Millionen Euro pro Jahr einspielen sollte. Doch die Sportbootlobby lief Sturm, und die Fraktionen im Bundestag sprachen sich vorerst dagegen aus. „Die Sportboot-Vignette ist derzeit auf Eis gelegt“, heißt es beim Ministerium.