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Archiv-Artikel

Ausländische Helfer hilflos im Chaos

Rund 50 internationale Mitarbeiter von Hilfswerken arbeiteten letzte Woche noch im Irak. Jetzt heißt die Parole: Abzug

BERLIN taz ■ Die internationalen Hilfsorganisationen im Irak denken über den Abzug nach. Das Koordinationskomitee für Nichtregierungsorganisationen im Irak (NCCI) empfahl den internationalen NGOs im Land vergangene Woche, alle ausländischen Mitarbeiter nach Jordanien zu evakuieren. Grund war die Entführung zweier italienischer Mitarbeiterinnen einer Hilfsorganisation durch irakische Rebellen am vergangenen Dienstag. Am Donnerstag trat schon einmal NCCI-Leiter Jean-Dominique Bunel zurück und ließ sich nach Jordanien bringen.

Er sei bedroht worden, begründete der Franzose seine Flucht. Von den rund 50 noch im Irak arbeitenden ausländischen Helfern, darunter nach Angaben von Aktion „Deutschland hilft“ sechs Deutsche, würden „gut 80 Prozent innerhalb der nächsten 48 Stunden gehen“, meinte Bunel. Bisher ist nicht bekannt, ob das so eingetreten ist. Aber das Dilemma der Helfer ist klar: Wenn sie gehen, hinterlassen sie unvollendete Arbeit und vor allem gefährdete irakische Kollegen. Aber wenn sie bleiben, begeben sie sich entweder in Lebensgefahr oder müssen sich so sehr schützen, dass sie ihre eigene Arbeit behindern. Bunel sagte nach seiner Evakuierung nach Amman: „Wir alle wahrten ein unauffälliges Profil: Keine großen Autos, keine Waffen, keine Logos am Haus. Wir wechselten immer unsere Fahrrouten, wir ließen uns von unbewaffneten Wachleuten folgen und fuhren zerbeulte Autos.“ Aber den beiden Italienerinnen nützte diese Vorsicht nichts. Sie wurden trotzdem entführt.

Die Helfer im Irak sind auf sich allein gestellt. Das europäische NGO-Netzwerk Voice betont, dass die Hilfswerke gerade dann gefährdet sind, wenn sie sich nicht auf Militärschutz durch US-amerikanische oder andere Truppen verlassen und stattdessen versuchen, „Beziehungen des Respekts“ zur lokalen Bevölkerung aufzubauen. „So werden sie zu weichen Zielen“, sagte letzte Woche Voice-Direktorin Kathrin Schick. „Der Mangel an Sicherheit für Mitarbeiter wird ein immer größeres Hindernis dafür, Bevölkerungen in Krisenzeiten zu helfen.“

Eine bessere Koordination der humanitären Hilfe durch UN-Organisationen, wie in anderen Krisengebieten der Welt üblich, ist im Irak nicht möglich. „Die Sicherheitslage verhindert einen Ausbau der humanitären UN-Präsenz“, erklärte UN-Generalsekretär Kofi Annan in seinem jüngsten Lagebericht zu Irak am 3. September. Daher gibt es nur 35 ausländische UN-Mitarbeiter im Irak. Annan: „Sie operieren an der äußeren Grenze des akzeptablen und sinnvollen Risikos.“

DOMINIC JOHNSON