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Archiv-Artikel

Selbst bestimmte Preiserhöhung

Die Verbraucherzentrale wirft dem Energieversorger swb Enordia Gemauschel bei der Preispolitik vor und fordert Kunden dazu auf, die Preiserhöhung nicht mitzumachen. Das Unternehmen hält sich mit einer Gegenattacke noch zurück

Das Unternehmen: „Unsere Preise sind fair, da gibt es kein Gemauschel“

bremen taz ■ Die Bremer Verbraucherzentrale bläst zum Sturm auf die Preispolitik des Energieversorgers swb Enordia: Die Kunden werden aufgefordert, die ab ersten Oktober geplante Preiserhöhung von umgerechnet neun Prozent für Gas zu ignorieren und nur eine zweiprozentige Erhöhung zu zahlen. Dafür müsse die Einzugsermächtigung zurückgezogen werden, die niedrigere Summe per Überweisung gezahlt werden. Im Internet bietet die Verbraucherzentrale dafür ein Formschreiben an, mit dem der Schritt begründet werden kann.

Die swb begründet die Preissteigerung um 41 Cent pro Kilowattstunde mit den erhöhten Ölpreisen, von denen die Gaspreise derzeit noch abhängig sind. Kritiker wie der Chef des Bundeskartellamtes halten diese Bindung jedoch für überholt. Auch die Bremer Verbraucherzentrale schlägt in diese Kerbe: Andere europäische Länder müssten zwar denselben Ölpreis zahlen, hätten „jedoch nicht so exorbitant hohe Gaspreise“, heißt es in einer Erklärung der Geschäftsführerin Irmgard Czarnecki. Auch im Bundesvergleich schneide die swb schlecht ab: „Bereits jetzt müssen die BremerInnen einen Gaspreis zahlen, der um fünf Prozent höher ist als der Durchschnitt.“

Wie die swb auf ihre Kalkulation komme, sei „Geheimsache“, wettert Czarnecki. In dem Musterschreiben, mit dem die Kunden ihre Zahlungsweigerung begründen können, wird das „Quasi-Monopolunternehmen“ darauf hingewiesen, dass die Verbraucher eine gerichtliche Klärung der Preisgestaltung verlangen können.

Die Verbraucherschützer belassen es nicht dabei, die Kunden zum teilweisen Boykott aufzufordern, sondern kündigen zusätzlich eine Beschwerde bei der Kartellbehörde wegen „Missbrauchs der Monopolstellung“ an. Das Gas abdrehen oder damit drohen darf die swb laut Verbraucherzentrale nicht.

Die swb wollte sich gestern noch nicht zu der Attacke äußern. „Das ist ein derart einzigartiger Fall, dass wir das erst sehr genau prüfen müssen“, sagte Unternehmenssprecherin Marlene Odenbach. Man wolle nicht vorschnell die Pferde scheu machen und den Kunden, die dem Rat der Verbraucherzentrale folgen, mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung drohen.

Die Verbraucherzentrale hätte sich noch nicht direkt an die swb gewendet, daher könne man derzeit nicht nachvollziehen, wie sie darauf käme, dass nur zwei Prozent gerechtfertigt seien. „Unsere Preise sind fair, da gibt es kein Gemauschel“, beteuert Odenbach. Eine Preiserhöhung zum neuen Jahr – wie sie auch andere Energieunternehmen angekündigt haben – sei unabwendbar.

Der Bund der Energieverbraucher hat bereits Ende August dazu aufgerufen, die Preiserhöhungen nicht mitzumachen. Als Grund für die saftigen Preise wird allgemein vermutet, dass die Unternehmen noch einmal zuschlagen wollten, bevor die Regulierungsbehörde für den Energiemarkt im nächsten Jahr ihre Arbeit aufnimmt. Diese soll die Preise der Unternehmen auf Plausibilität prüfen.

Eiken Bruhn

Weitere Infos: www.verbraucherzentrale-bremen.de, www.swb-enordia.de