Deutsche Atomschmuggler im Visier

Wollte Libyen mit Material aus Südafrika Atombomben bauen? IAEA stößt bei Ermittlungen über den pakistanischen Atomschmuggler Khan auf zwei Deutsche. Es geht um die Lieferung von Teilen für libysche Urananreicherungsanlage

JOHANNESBURG taz ■ Die südafrikanischen Behörden ermitteln gegen zwei in Johannesburg lebende Deutsche wegen angeblichen Atomschmuggels nach Libyen. Nach ihrer Festnahme am Donnerstag vergangener Woche sollten Gerhard Wisser und Daniel Geiges gestern im Gericht zur Anhörung der vier zur Last gelegten Anklagepunkte erscheinen. Der Termin wurde in letzter Minute verschoben, weil das Gericht weiteres Beweismaterial prüfen wollte. Die Beschuldigten weisen jegliche Vorwürfe zurück.

Südafrika hat bereits seit Monaten in Zusammenarbeit mit etwa 20 anderen Ländern, darunter Deutschland, Recherchen zum Aufbau des libyschen Atomprogramms betrieben. Wisser war in diesem Zusammenhang bereits am 25. August nach einer Wohnungsdurchsuchung in Hessen festgenommen worden. Der Verdacht lautete Beihilfe zum versuchten Landesverrat und Förderung der Entwicklung von Atomwaffen. Doch der 65-jährige Wisser kam dann gegen Kaution wieder frei. Er reiste nach Südafrika zurück, wo er eine Ingenieursfirma besitzt, in der Geiges angestellt ist.

In Südafrika verdichtete sich der Tatverdacht gegen Wisser. Bisherige Untersuchungen ergaben, dass der Deutsche 2001 eine Anfrage aus Libyen zur Lieferung eines Rohrwerks für eine Urananreicherungsanlage erhalten haben soll. Wisser soll als Mittelsmann gehandelt und den Auftrag an eine südafrikanische Firma weitergegeben haben. Die Teile haben nach jetzigem Stand der Ermittlungen wohl nie Libyen erreicht, aber Wisser kassierte angeblich eine Million Euro.

Vorwürfe sind ebenfalls laut geworden, dass Wisser während der Apartheidzeit eine bedeutende Rolle in der Zulieferung von Teilen für das geheime damalige südafrikanische Atomprogramm spielte, das der frühere Präsident Frederik Willem De Klerk 1993 abschaffte. Auch Wissers Verwicklungen in die Atomschmuggelgeschäfte des pakistanischen Atomwaffenspezialisten Abdul Qadeer Khan werden in Deutschland und Südafrika untersucht. Khan hatte ein Netzwerk aufgebaut, das Libyen, Iran und Nordkorea mit atomwaffentauglichem Material belieferte, und gestand dies im vergangenen Februar.

Libyen beschloss im vergangenen Dezember, seine Programme zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen einzustellen und Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) zum kontrollierten Abbau der Technologie einzuladen. Westliche Länder versuchen seit geraumer Zeit in Kooperation mit der IAEA das von Khan aufgebaute Netzwerk aufzurollen. In diesem Zusammenhang wurde ein IAEA-Investigationsteam nach Südafrika geschickt, um mögliche Verbindungen dort ansässiger Firmen mit dem Schwarzmarkt der internationalen Atomindustrie ausfindig zu machen.

Auf die Verhaftungen der beiden Deutschen folgte letzte Woche auch die Festnahme eines Südafrikaners, Johan Meyer. Er wurde des illegalen Imports und Exports von Atommaterial beschuldigt. Doch die Vorwürfe gegen ihn wurden ohne jede Erklärung zurückgezogen.

MARTINA SCHWIKOWSKI