: Es fährt ein Zug nach Nirgendwo
Lilienthal verprellt Bremen: Mit einer Stimme Mehrheit kippt der Rat die Verlängerung der Linie 4
Den Zorn Bremens hat Lilienthal auf sich gezogen. Genauer: die CDU im Gemeinderat. Die nämlich hat am späten Dienstagabend, unterstützt von FDP und einem Fraktionslosen, den mit Bremen fest vereinbarten Ausbau der Straßenbahn-Linie 4 von Bremen durchs Lilienthaler Ortszentrum gestoppt.
Zwölfmal Ja, dreizehn Nein – eine Stimme Mehrheit hatte der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Sekunde also organisiert. Mit der er auch seine Bremer Parteifreunde brüskierte: Radio Bremen, das deren Reaktionen gestern früh gebündelt hatte, charakterisiert sie durch das Wort „fassungslos“.
Ein Adverb, das sonst der Berichterstattung über Katastrophen und Amokläufe vorbehalten ist. Mindestens durch ihre Irrationalität scheint die Meinungsfindung der Lilienthaler Christdemokraten dieser Art Ereignis verwandt: Zwar hatten sie sich 2004 gegen den Ausbau ausgesprochen, ihn aber ab 2007 regelmäßig befürwortet. Damals hatte eine Befragung ergeben, dass sich zwei Drittel der LilienthalerInnen die Tram-Anbindung an Bremen wünschen. Auch ihr eigener Landtagsabgeordneter, Axel Miesner, hatte dann in Hannover Lobbyarbeit für das Projekt gemacht. Mit Erfolg: Fast 90 Prozent der Kosten wären durch Fördergelder gedeckt worden – aus den EU-Regionalentwicklungs-Töpfen und von den Ländern Niedersachsen und Bremen. Seit die Union vor zehn Tagen im Wirtschaftsausschuss anfing, wieder Bedenken zu hegen – die erwarteten Gesamtkosten waren von vier auf acht Millionen Euro korrigiert worden – mühte Miesner sich, die Kollegen umzustimmen. Noch im Gemeinderat hielt er eine flammende Rede für die Tram. Vergeblich.
„Es ist ein Desaster“ so Gemeinde-Bürgermeister Willy Hollatz (Grüne) – der „keine Lösung“ mehr sieht: „Das Finanztableau war einmalig, das bekommen wir nicht mehr hin.“ Für die Sanierung des Ortskerns allein jedenfalls werde man weder aus Brüssel noch aus Hannover Gelder erhalten.
Optimistischer gibt man sich beim Bremer Bausenator: „Es hat dort ja schon häufiger Meinungsänderungen gegeben“, so Sprecher Michael Ortmanns, folglich könne man auch einen erneuten Stimmungsumschwung nicht ausschließen. Über die Möglichkeit von Regressforderungen wird deshalb noch nicht laut nachgedacht. Denn es seien „nicht alle verrückt geworden in Lilienthal“. Mit den Verbleibenden will man noch verhandeln. BES