: „Sie wissen nicht, was sie tun“
Eltern und Lehrer warnen vor Abschaffung der IR-Klassen durch CDU-Antrag. Schulforscher Karl-Dieter Schuck bittet Ole von Beust um Expertenanhörung
„Ich bin selber ursprünglich eine Gegnerin der Integration gewesen“, berichtet Regina Kühn-Ziegler vom „Verband Integration an Hamburger Schulen“ (VIHS). Doch nach zwei Jahren in einer Integrativen Regelklasse (IR) habe sie „das Brett vorm Kopf“ verloren und den Erfolg erkannt: „Wir können nicht Kinder aus der normalen sozialen Klassensituation rausnehmen, wenn wir damit gravierendere Probleme erzeugen, als, um es zynisch zu sagen, ein Lispeln.“
Doch eben dies droht wieder zu passieren, davor warnten gestern der VIHS, der Elternverein, die GEW, der Grundschulverband und die Elterngruppe des Vereins „Leben mit Behinderung“ auf einer Pressekonferenz im Ratsweinkeller.
Wie berichtet, will die CDU-Fraktion am 22. September Eckpunkte verabschieden, die im Kern die Abschaffung der 36 IR-Schulen sowie der Primarstufen der Förder- und Sprachheilschulen vorsieht. Die Stellen sollen in 15 regionalen Förderzentren gebündelt werden. Doch diese Zentren haben sich laut Kühn-Ziegler in anderen Bundesländern nicht bewährt: „Die Ergebnisse sind niederschmetternd.“ Integration, da sei sich die Wissenschaft einig, gelinge nur, wenn man ganze Schulen fördert, so wie es international üblich ist und in Hamburg seit 13 Jahren an 36 Schulen geschieht. In den Konflikt hat sich deshalb sogar der Integrationsforscher Karl-Dieter Schuck von der Uni Hamburg eingeschaltet, der in einem Brief an den Bürgermeister appeliert, den Antrag zurückzustellen und eine „Expertenanhörung“ einzuberufen.
Von den Förderzentren sollen Sonderpädagogen an die Schulen entsandt werden. Da dies theoretisch alle Kinder erreicht, hält die CDU es für gerechter. „Dass alle Schulen davon profitieren, ist ein Irrglaube“, sagt dagegen Dirk Erdmann vom Grundschulverband, der schätzt, dass jede der 230 Grundschulen nur mit 3,6 Stunden pro Woche rechnen kann. Denn gleichzeitig soll ein Teil der Kinder weiter an Sonderschulen „stationär“ beschult werden. Dies, die Verwaltung und die zusätzlich mit diesen Ressourcen geplante Frühförderung der Viereinhalbjährigen verschlinge das Gros der Stellen.
„Die CDU-Abgeordneten wissen nicht, was sie da tun“, mahnte VIHS-Mitglied Rainer Kühlke. Sie sind, so fürchtet der VIHS, beeinflusst von Personen, die für den Erhalt der Sonderschulen kämpfen. So habe ein Gespräch mit dem Abgeordneten Robert Heinemann ergeben, dass dieser von der tatsächlichen Arbeit der IR-Schulen wenig wisse. Auch soll Heinemann gesagt haben, es werde nur das Konzept durchkommen, zu dem die frühere Sonderschul-Schulrätin Birgit Zeitler „ja“ sage.
„Ich habe gesagt, am Ende wird das Konzept durchkommen, zu dem die Deputation ja sagt“, erklärt Heinemann der taz. „Und da Frau Zeitler Sprecherin der CDU ist, wird es kein Konzept geben, dass sie ablehnt.“ Die geforderte Expertenanhörung hält er für eine „gute Idee“, will aber zuvor den Antrag verabschieden.