: Sächsische PDS ohne „Plan B“
Mieses Krisenmanagement nach Stasi-Vorwürfen gegen Spitzenkandidat Porsch sorgt für Gerüchte von dessen Ablösung nach der Wahl. Quatsch, sagen die Genossen
DRESDEN taz ■ Ganz auszuschließen ist es nicht, dass es in Sachsen nach den Wahlen am Sonntag statt einer CDU-Alleinregierung eine alternative Mehrheit von PDS, SPD und Grünen gibt. Doch was ist eigentlich an dem hartnäckigen Journalistenklatsch dran, dass für diesen Fall die PDS ihren mit Stasi-Vorwürfen konfrontierten Spitzenkandidaten Peter Porsch fallen lässt?
SPD-Spitzenkandidat Thomas Jurk und die Grüne Antje Hermenau hatten eine Zusammenarbeit mit Porsch abgelehnt. Wenn die PDS als stärkste Partei einer rot-rot-grünen Koalition also mitregieren wollte, müsste sie ihren Partnern einen neuen Kandidaten anbieten. Oder eine Kandidatin, zum Beispiel die PDS-Landesvorsitzende Cornelia Ernst.
Genährt werden solche Gedankenspiele durch verhaltene Kritik aus den eigenen Reihen an Porschs Reaktion auf die IM-Vorwürfe. Er hätte mehr an seine Partei denken sollen, lautet beispielsweise solch ein anonymer Vorwurf. Auch eine Art Genugtuung ist vereinzelt spürbar, dass Porsch „nun auch zu uns gehört“. 1994 hatte er als Fraktionsvorsitzender den Rechtsanwalt Klaus Bartl abgelöst, der im Alter von 18 Jahren einige Berichte für die Stasi geschrieben hat.
Bartl gehört jetzt allerdings zu den loyalsten Verteidigern von Porsch. Die Fraktion hat mit den Stasi-Vorwürfen keinen einheitlichen Umgang gefunden: Ein Krisenmanagement, sagt der Finanzpolitiker Ronald Weckesser, gab es „einfach keines“. Eine einzige Fraktionssitzung fand statt, weitere wurden abgesagt. Die meisten Abgeordneten befinden sich ohnehin auf Wahlkampftour. „Selbst bei einem Stimmengewinn wird niemand über einen verschenkten noch höheren Wahlsieg reden“, meint Weckesser.
„Doch, ich“, kontert Porsch, der seine spitze Zunge wiedergefunden zu haben scheint. Nach einem möglichen „Plan B“ für einen ungewöhnlich großen rot-rot-grünen Erfolg befragt, äußert er ähnlich salopp: „Ich glaube nicht, dass ich den kenne.“ Die angebliche Alternativkandidatin Cornelia Ernst kann über solche Spielchen schon nicht mehr lachen. „Eine PDS-Regierung in Sachsen wäre nur mit Peter Porsch denkbar.“
Unterstützung kommt auch von der Generation, die gar keine bewusste Stasi-Erfahrung mehr haben kann. „In einer solchen Phase kann es nur um Solidarität gehen“, sagt die 25-jährige Vize-Bundesvorsitzende Katja Kipping. Die so genannte Jugendbrigade der sächsischen PDS hat sich auf diese Haltung verständigt, vielleicht auch deshalb, weil sich Porsch wegen der überproportionalen Förderung des Parteinachwuchses schon den Ärger der Altgenossen einhandelte.
Porsch werde wegen seiner Integrationskraft auch als erneuter Oppositionsführer in einer uneinheitlichen PDS-Fraktion weiterhin gebraucht, meint Kipping. Er selbst erklärte in der MDR-„Elefantenrunde“, die Fraktion auf jeden Fall weiter führen zu wollen. Sollte allerdings die PDS unter der bisherigen 22-Prozent-Marke bleiben, deutet Porsch „Konsequenzen“ an.
Die Spekulationen um einen Ministerpräsidenten Porsch erscheinen angesichts der SPD-Haltung ohnehin als Kaffeesatzleserei. Sämtliche PDS-Genossen sind überzeugt, dass Jurk von der SPD nur auf einen Vorwand gewartet hat, der PDS eine Absage zu erteilen. „Die werden sich am Sonntag als Retter Sachsens präsentieren und der wahrscheinlich verlustreichen CDU eine Koalition anbieten“, sagt Porsch.
MICHAEL BARTSCH