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Archiv-Artikel

Europa spielt beim Klima auf Zeit

Ohne konkrete Geldzusagen der EU an ärmere Länder sind die Verhandlungen blockiert, kritisieren Umweltverbände

BERLIN taz ■ Im letzten Jahr war es noch das wichtigste Thema beim EU-Gipfel – nun steht der Klimaschutz angesichts der Wirtschaftskrise auf der Tagesordnung weit hinten, wenn sich heute und morgen die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel treffen. Signalwirkung für die Klimaverhandlungen wird der Gipfel auch nicht haben: Der Entwurf der Abschlusserklärung nennt keine neuen Details, etwa zur versprochenen Unterstützung für ärmere Länder.

Regine Günther vom Umweltverband WWF kritisierte die Haltung der EU am Mittwoch. Bei der Klimakonferenz in Bali sei 2007 nach zähen Verhandlungen vereinbart worden, dass sich auch Schwellen- und Entwicklungsländer konkrete Klimaziele setzen; dafür sollten die Industriestaaten sie finanziell unterstützen. „Wenn die EU von diesen Ländern Maßnahmen fordert, muss sie dafür im Gegenzug die versprochenen Finanzhilfen bereitstellen“, so Günther. „Die Balance muss gewahrt sein.“

Auch die Entwicklungsorganisation Germanwatch sieht die Rolle der EU skeptisch. Ohne ein klares Bekenntnis zu mehr Geld und neuen Finanzierungsinstrumenten werde „der vermeintliche Vorreiter EU zum Bremser der internationalen Klimaverhandlungen“, sagte Geschäftsführer Christoph Bals.

Um die Entwicklungsländer bei der Anpassung an die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels und bei eigenen Klimaschutzmaßnahmen zu unterstützen, sind nach Ansicht der Organisationen über 100 Milliarden Euro im Jahr nötig. Davon müsse die EU etwa 35 Milliarden aufbringen. Finanziert werden soll dies nach Ansicht des WWF dadurch, dass Staaten die ihnen zustehenden Emissionsrechte künftig zum Teil bezahlen müssen. Germanwatch fordert zudem eine Beteiligung des internationalen Schiffs-und Flugverkehrs an den Kosten.

Entschieden wird über ein neues Klimaschutzabkommen bei der UN-Konferenz im Dezember in Kopenhagen. Bereits im Juni finden aber wichtige Vorgespräche statt, bei denen es ohne EU-Position zu zentralen Streitfragen kaum Fortschritte geben dürfte. Die EU legt sich in ihrem Entwurf weder auf konkrete Finanzierungsinstrumente noch eine Summe fest. Die Rede ist nur von einem „fairen Anteil“. Auch das deutsche Umweltministerium hält den Text noch für „zu unkonkret“, sagte ein Sprecher. Die Finanzierung über eine Versteigerung auf internationaler Ebene sei eine „interessante Option“, die weiter geprüft werden müsse. MALTE KREUTZFELDT