: Grubenfahrer auf Schatzsuche
SPD-Chef Müntefering, RAG-Boss Müller und Bergbau-Gewerkschafter Schmoldt beschwören in Haltern die Renaissance der deutschen Steinkohle. Zechen-Neubau in NRW soll diskutiert werden
AUS HALTERNMARTIN TEIGELER
Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering lobt den Vorschlag von RAG-Chef Werner Müller, im Ruhrgebiet eine neue Zeche zu bauen. „Wir brauchen eine solche Debatte“, sagte Müntefering gestern nach einer Grubenfahrt in Haltern. Gemeinsam mit Müller und dem Bundeschef der Bergbau-Gewerkschaft IGBCE, Hubertus Schmoldt, besuchte Müntefering Schacht VIII des Steinkohle-Bergwerks Auguste Victoria und lobte vor 200 Kumpeln auch deren „großartige Leistung“.
Alle, die die deutsche Steinkohle schon abgeschrieben hätten, seien nun ganz „nachdenklich und vorsichtig“ geworden, sagte Müntefering. Die vom ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Müller ausgelöste Debatte sei „vernünftig“, meinte auch IGBCE-Chef Schmoldt. Angesichts der Krise auf dem internationalen Energiemarkt dürfe man den heimischen Energieträger Kohle nicht links liegen lassen. „Das ist eine Hightech-Branche, die weltweit eine Zukunft hat“, sagte Müntefering und sprach von einem „Schatz in der Erde“.
RAG-Chef Werner Müller wiederholte gestern seinen Vorschlag, innerhalb der nächsten fünf Jahre bei Hamm im östlichen Ruhrgebiet eine neue Kokskohlenzeche zu bauen. Man sei bereit, mittelfristig zu real konstanten Preisen von rund 200 Euro pro Tonne Kohle zu fördern. Die Preise für Koks zur Stahlherstellung waren im Frühjahr zeitweise auf bis zu 450 Dollar pro Tonne angestiegen. Momentan liegen sie zwischen 250 und 300 Dollar. „Ob eine neue Zeche gebaut wird, muss die Politik entscheiden“, hatte Müller zuvor gesagt. Voraussetzung sei eine staatliche Anschubfinanzierung.
Zum Thema Kohle-Subventionen schwieg SPD-Chef Müntefering: „Das ist eine betriebswirtschaftliche Frage, keine direkte Angelegenheit der Politik.“ Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Müller, erklärte, es könne kein neues Bergwerk subventioniert werden. Reiner Priggen, Energieexperte der NRW-Grünen, lehnt den Müller-Vorschlag ebenfalls ab. Es werde keine Mehrheit für zusätzliches öffentliches Geld für die Kohle geben. Eine Zeche für Kokskohle müssten RAG und die Stahlindustrie finanzieren. CDU und FDP lehnen Subventionen für eine neue Zeche ab. NRW-CDU-Chef Jürgen Rüttgers wandte sich strikt gegen einen Zechenneubau und forderte, die Steinkohlesubventionen bis 2010 zu halbieren. „Finger weg von den Taschen der Bürger“, warnte FDP-Sprecher Gerhard Papke.
Die Grubenfahrer von Haltern stören sich nicht an der Kritik. RAG-Mann Müller sprach von einer „sinnvollen Kampagne“. Passend zu den neuen Vorschlägen wird die Deutsche Steinkohle im Oktober einen Reklame-Feldzug für die heimische Kohle starten.