Blinde Sparwut

Sehbehinderte machen gegen Kürzung des Blindengeldes mobil. Betroffene werfen CDU-Senat „Betonpolitik“ vor

Petra Meyer hat „Zukunftsangst, wie sie ärger nicht sein kann“. Ihr wie rund 3.500 anderen Sehbehinderten in Hamburg droht eine wichtige Stütze zur Alltagsbewältigung wegzubrechen. Hat doch der CDU-Senat beschlossen, das Blindengeld um 22 Prozent zu kürzen (taz berichtete). „Aber mit Blindheit das Leben selbstbestimmt zu bewältigen, ist teuer“, warnte Meyer als Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg gestern: „Benötigte Hilfen sind mit den Einschnitten nicht mehr bezahlbar.“ Mit einer Plakatkampagne unter dem Motto „Blind gestrichen“ macht der Verein jetzt auf die Not aufmerksam.

Bisher werden blinde und sehbehinderte Hamburger einkommensunabhängig mit monatlich 585 Euro vom Land unterstützt, künftig sollen es 456 Euro sein. „Schon jetzt ist für uns der Grat zwischen Existenzsicherung und Armut sehr schmal“, beklagte Meyer. Sprechende Messgeräte, zusätzliche PC-Software, umgerüstete Haushaltsgeräte und bezahlte Begleitung bei Einkauf und Behördengängen – Blinde sind auf kostspielige Hilfe angewiesen. „Und auf Schnäppchenjagd gehen können wir nicht“, so Claudia Feder, die durch Diabetes erblindete.

Wütend sind die Betroffenen aber nicht allein wegen des Sparbeschlusses. „Wir sehen den Sparzwang ein“, sagte Vereinsgeschäftsführer Jochen Fischer. Bereits im Juni habe der Verein darum Bürgermeister Ole von Beust und Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (beide CDU) einen eigenen Vorschlag gemacht. Demnach würde die avisierte Sparsumme von 3,7 Millionen Euro jährlich auch erreicht, wenn statt 129 nur 50 Euro weniger Blindengeld gezahlt würden. Bei ihrer Rechnung habe die Stadt übersehen, dass wegen des demografischen Wandels die Ausgaben sänken. „Aber das Rathaus macht Betonpolitik“, so Fischer, „wir haben bis heute keine Antwort.“ EVA WEIKERT