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Archiv-Artikel

Der Alex bleibt flach

Vergessen Sie den Turm auf dem Foto! Das Shopping-Center der Firma Sonae geht in die Breite statt in die Höhe. Trotzdem kommt Bewegung an den Alex

VON UWE RADA

Kommt er, oder kommt er nicht? Als die Rede auf das geplante Hochhaus an der Alexanderstraße kam, wurden Investor wie Senatsvertreter gestern wortkarg. „Jeder Investor des Alexanderplatzes ist verpflichtet, bis 2006 den Sockel für den Turm zu bauen“, sagte Christian Kuhlo von der Stadtentwicklungsverwaltung. „Wir werden uns keiner Vertragsverletzung schuldig machen“, ergänzte Ted Kupchewsky vom portugiesischen Investor Sonae. Erst nach längerem Nachfragen gaben beide zu, dass das Shoppingcenter, das Sonae bauen möchte, eben nur „am“ Alexanderplatz liege. Eine Vertragsverletzung kann es deshalb gar nicht geben. Der Turm kommt also nicht.

Dass der gläserne 150-Meter-Spargel bei der gestrigen Vorstellung des Investitionsvorhabens trotzdem in die Pressemappe gelegt wurde, verdeutlicht einmal mehr die Schizophrenie der Berliner Städtebaupolitik. Auf der einen Seite schöner Schein, auf der andern die schnöde Wirklichkeit. Zu der gehört, dass kein Geldgeber bereit ist, auch nur den Sockel für ein solches Hochhaus zu finanzieren. Die neue Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) weiß das und hat daher dem Hochhausgewitter am Alex abgeschworen. Bis zu ihren Mitarbeitern ist das noch nicht durchgedrungen.

Wie auch immer. Nach mehr als zehnjähriger Planungsphase wird nun am Alexanderplatz mit dem Bau eines neuen „Shopping- und Entertainment-Centers“ begonnen. 122.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche umfasst das Projekt und ein Investitionsvolumen von 300 Millionen Euro.

Für den Investor Sonae, der ähnliche Center bereits in Portugal, Italien und Brasilien betreibt, ist das Projekt zugleich der Einstieg in den deutschen Markt. Vorherrschende Philosophie ist dabei das „Anderssein“. „Wir wollen einzigartiges Design, ohne dabei allerdings nur auf das Luxussegment zu schauen“, versprach Kupchewsky.

Für den Eigentümer an der Alexanderstraße, die Wohnungsbaugesellschaft Degewo, ist das Vorhaben zugleich der erste Schritt, die Grundstücke nach und nach an weitere Investoren zu verkaufen. Weitere 110.000 Quadratmeter Geschossfläche sollen bis zur Jannowitzbrücke entstehen, darunter auch ein Hotel mit bis zu 400 Zimmern.

Dass der Alexanderplatz damit einmal zu viel an Verkaufsfläche haben könnte, glaubt Senatsvertreter Kuhlo nicht. „Wo, wenn nicht am Alex?“, fragte er, wohl wissend, dass sich mit dem US-Riesen Walmart bereits ein wichtiger Player vorzeitig verabschiedet hat. Ursprünglich sollte Walmart in die inzwischen fertig gestellten Rathauspassagen der Wohnungsbaugesellschaft Mitte einziehen.

Gleichwohl kommt nun Bewegung an den Alex. Bereits am Montag soll mit den Straßenbauarbeiten begonnen werden. Ab Januar wird dann die Alexanderstraße für ein halbes Jahr gesperrt sein. Öffnen will Sonae sein Center Ende 2006.

Bis dahin soll auch der neue Kaufhof fertig sein. Bereits seit Juni läuft der Umbau, der das Haus 25 Meter Richtung Brunnen auf dem Alexanderplatz verlängern wird. Statt 20.000 Quadratmeter gibt es dann 35.000. Nur zu einem Turm, wie vom Senat eigentlich vorgesehen, hat sich auch der Kaufhof nicht durchringen können.